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7. Verhältnis zum Reichstag.
Die Stellung des Staatssekretärs des Innern, verbunden mit der all-
gemeinen Stellvertretung des Reichskanzlers und dem Vorsitz im Bundesrat,
bringt es mit sich, daß derselbe weit häufiger im Parlament aufzutreten hat
als irgend einer seiner Kollegen im Reiche. Boettichers parlamentarische Thätig-
keit war denn auch eine überaus intensive. Er wurde mehr und mehr der
eigentliche Sprechminister, das Sprachrohr des Reichskanzlers, wenn dieser
nicht selbst im Reichstag erscheinen konnte oder wollte, und das Sprachrohr
des Bundesrats. Dazu kam noch die Vertretung seines eigenen Ressorts, die
Boetticher so gewissenhaft pflegte, daß seine sprechlustigen Räte nur äußerst
selten zu Worte kamen.
In einer Kritik seiner parlamentarischen Wirksamkeit aus der Feder von
Dr. Robolsky finde ich nachstehende Stelle: „Herrn v. Beetticher ist es ge-
lungen, wenn nicht alle Parteien mit sich zu versöhnen, so doch durch die Art
seines Verhaltens zu den Parteien den Gegensätzen ihre Schärfe zu nehmen.
Herr Richter selber rühmt seine Sachlichkeit, die parlamentarische Uebung, die
Sicherheit seines Auftretens, die Tüchtigkeit in seinem Ressort, auch die juridische
Bildung. Herr v. Beetticher ist überaus glücklich in der Polemik und versteht
es, allen Parteien gerecht zu werden. Wer bis in das Hotel des Staatssekretärs
zu gelangen Gelegenheit hatte, wußte auch von dem treffenden Witz und den
gesellschaftlichen Talenten desselben zu erzählen. Die guten Umgangsformen
16. Januar 1889: Schreiben an den Präsidenten des Abgeordnetenhauses v. Köller, betr.
die Uebersicht der von der Staatsregierung gefaßten Entschließungen auf Anträge und
Resolutionen des Hauses der Abgeordneten — Nr. 21 der Drucks. — 29. April 1889:
Schreiben an den Präsidenten des Herrenhauses Herzog von Ratibor und den Präsidenten
des Abgeordnetenhauses v. Köller, betr. die Schließung des Landtags — Nr. 94 der Drucks.
des Herrenhauses und Nr. 194 der Drucks. des Abgeordnetenhauses. — 23. Januar 1890:
Schreiben an den Präsidenten des Herrenhauses Herzog von Ratibor, betr. die Uebersicht
der von der Staatsregierung gefaßten Entschließungen auf Anträge des Herrenbauses —
Nr. 16 der Drucks. — 23. Januar 1890: Schreiben an den Präsidenten des Abgeordneten-
hauses v. Köller, betr. die Uebersicht der von der Staatsregierung gefaßten Entschließungen
auf Anträge und Resolutionen des Abgeordnetenhauses — Nr. 28 der Drucks. —
20. März 1890: Schreiben an den Präsidenten des Abgeordnetenhauses v. Köller, betr. die
Entlassung des Fürsten Bismarck und die Ernennung des Generals v. Caprivi zum Prä-
sidenten des Staatsministeriums — Nr. 106 der Drucks.