Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Vierter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1878-1881). (4)

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Zu Anfang beabsichtigte Bismarck zunächst, den Geheimrat Gamp aus 
dem Handelsministerium allein mit der weiteren Bearbeitung des Unfallver— 
sicherungsgesetzes zu betrauen. Derselbe erhielt durch Vermittlung des Unter- 
staatssekretärs v. Moeller den Auftrag, Grundzüge für ein neues Unfallver- 
sicherungsgesetz, und zwar auf der Grundlage einer berufsgenossenschaftlichen 
Organisation, aufzustellen. Später erhielt der Geheime Regierungsrat Bödiker 
aus dem Reichsamt des Innern den Auftrag, sich auch seinerseits an die Aus- 
arbeitung von Grundsätzen für Unfallversicherung auf berufsgenossenschaftlicher 
Grundlage zu machen. Beide Arbeiten wurden dem Fürsten nach Friedrichsruh 
übersandt, der auf den Wunsch Beoettichers sich damit einverstanden erklärte, 
daß die weitere Bearbeitung der Materie durch die Geheimräte Bödiker und 
Gamp gemeinsam erfolgen solle, und zwar fiel dem letzteren die Ausarbeitung 
der allgemeinen, dem ersteren die Ausarbeitung der speziellen Bestimmungen zu. 
Nachdem Mitte November 1883 v. Boetticher deren Entwürfe nach Friedrichsruh 
geschickt hatte, wurden am 29. November daselbst in einer Konferenz Bismarcks 
mit den gedachten Geheimräten unter Anwesenheit des Direktors Bosse und des 
Staatssekretärs des Innern die Grundzüge des neuen Unfallversicherungsgesetzes 
definitiv festgesetzt. 
Die Friedrichsruher Beratung am 29. November war eine sehr eingehende 
und nahm viele Stunden in Anspruch; es wurden alle wesentlichen Bestimmungen 
ausführlich besprochen und von Bismarck auch in einer Reihe von Detailfragen 
Entscheidung getroffen. Bismarck wünschte — ich folge hier zunächst einer mir 
gemachten Mitteilung des Geheimrats Gamp — die Unfallfürsorge zunächst 
auf die in den Fabriken und ähnlichen Anlagen beschäftigten Arbeiter zu be- 
schränken und begründete diese Ansicht damit, daß, je breiter die Basis, desto 
größer auch die Angriffsfläche sei. Er wünsche durch diese Beschränkung keines- 
wegs das Ziel an sich kürzer zu stecken, sondern er wolle nur den Weg be- 
quemer gestalten. Je dunkler und unerforschter der Weg, desto vorsichtiger 
müsse man sein. Würden im Reichstag weitergehende Anträge gestellt, so sei 
er bereit, denselben zu entsprechen. 
Bei der Frage, ob die Gruben aufgenommen werden sollten, hielt Bismarck 
es für nötig, ausdrücklich festzustellen, daß Torf-, Kies= und ähnliche Gruben 
nicht, sondern nur die bergmännisch betriebenen Kohlen= 2c. Gruben unter das 
Gesetz fielen; dem Richter gegenüber müsse man vorsichtig sein; viele derselben 
nähmen das pereat mundus viel zu ernst. 
Bismarck wollte jeden Bureaukratismus und Schematismus bei der 
Organisation und Verwaltung der Berufsgenossenschaften ausscheiden. In den 
als Unterlage der Arbeiter-Unfallversicherung nicht nur formell angeordnet, sondern von 
derselben auch seine fernere amtliche Mitwirkung bei den Geschäften abhängig gemacht hat.“ 
Vergl. hierzu auch die „Nat.-Ztg.“ Nr. 450 v. 25. 9. 83 und das „Berl. Tagebl."“ Nr. 450 
v. 26. 9. 83.
	        
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