Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Vierter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1878-1881). (4)

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Näheres über den Verlauf der Friedrichsruher Konferenz erfahren wir 
noch aus einer Ansprache, die der Präsident des Reichs-Versicherungsamts 
Dr. Bödiker am 14. November 1897 bei seinem Ausscheiden aus dem ge— 
dachten Amt gegenüber einer Deputation des „Verbandes der deutschen Be— 
rufsgenossenschaften“ gehalten hat, der ihm eine kostbare Ehrengabe als ein 
sichtbares und persönliches Zeichen der Anerkennung überreicht hatte. Nach 
Entgegennahme der Ehrengabe dankte Dr. Bödiker mit warmen Worten für 
diesen großen abermaligen Beweis des Wohlwollens, der ihn fast erdrücke 
und in keinem Verhältnis zu seinen geringen Verdiensten stehe, und sprach 
von der Entstehung der Berufsgenossenschaften, über deren Ausgestaltung 
Fürst Bismarck vor jetzt vierzehn Jahren in Friedrichsruh eine denkwürdige 
Instruktion erteilt habe. Auf möglichst freier Basis, in freier Bewegung 
sollten die Berufsgenossenschaften gebildet werden. Existenzfähigkeit und gegen— 
seitige Anerkennung der Zusammengehörigkeit seien als die leitenden Gesichts— 
punkte zu betrachten. „Hütten haben eine andere Sorte von Arbeitern als 
Bergwerke, die beiderseitigen Arbeiter begrüßen sich nicht als Berufsgenossen,“ 
sagte er. „Die Genossenschaften sind möglichst homogen zusammenzusetzen, sonst 
wird das Band lockerer und die Institution für weitere Zwecke unfähiger; ich 
bin für viele selbständige Genossenschaften. Eine gesetzliche Festlegung der 
Gruppen empfiehlt sich nicht, weil wir der Führung der Erfahrung folgen 
müssen; Sachkunde und Wunsch müssen entscheiden. Der Bundesrat muß die 
Wünsche möglichst respektiren, vorhandene Gebilde nicht zerschlagen. Nicht die 
Gruppirung im Reichstag mit deutscher Gründlichkeit diskutiren lassen. Diesen 
Flammennährer der Diskussion nicht zuführen.“ Und wie Fürst Bismarck mit 
diesen Worten das Rechte getroffen habe, so sehr, daß die vor dreizehn Jahren 
frei gebildeten Berufsgenossenschaften noch heute zu allgemeiner Zufriedenheit un— 
verändert fortbeständen, so habe er gewissermaßen auch schon den Verband der 
Berufsgenossenschaften vorhergesehen. Er habe von einem „zentralen Zusammen— 
schluß“ der Arbeitgeber auf Grund der Berufsgenossenschaften gesprochen, deren 
Delegirte ebenso wie Delegirte der Arbeiter in das Reichs-Versicherungsamt 
aufgenommen werden sollten, um dieses zugleich mit einem Ausschuß des 
Bundesrats in ihm so vertrauenswürdig wie möglich zu gestalten. Zwar sei 
im Gesetze eine zentrale Zusammenschließung der Berufsgenossenschaften nicht 
vorgesehen, aber in dem Verband sei der Gedanke de facto verwirklicht, und er 
(Bödiker) freue sich, bei diesem Anlaß noch einmal dafür Zeugnis ablegen zu können, 
wie der Verband insbesondere auch unter seiner gegenwärtigen umsichtigen und 
eifrigen Leitung sowohl die Interessen und Aufgaben der Berufsgenossenschaften 
gefördert, als auch dem Reichs-Versicherungsamt alle Zeit die Erfüllung seiner 
Aufgaben erleichtert habe. Mit um so größerer Freude nehme er (Bödiker) aus 
der Hand der in dem Verbande vereinigten Vorstandsmitglieder diese für ihn 
unvergleichlich wertvolle Ehrengabe dankbar entgegen.
	        
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