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Ober-Finanzrat Schomer and außerdem speziell die Beurteilung des amerikanischen
Steuersystems vom volkswirtschaftlichen Standpunkt bearbeitet (val. Bericht der
Enquête-Kommission, Band IV; weitere Anlage Nr. V S. 6).
Die im Frühjahr 1878 angeknüpften Beziehungen Mayrs zu Bismarck
fanden zu Anfang des Jahres 1879 Fortführung in dem von Bismarck ge-
nehmigten und gewünschten schriftlichen Vortrag von Aeußerungen Mayrs sowohl
über die Frage der Tabakbesteuerung als die zu jener Zeit in den Vordergrund
tretende Frage der Umgestaltung der deutschen Zoll= und Handelspolitik. Mit
den Einzelheiten der dabei in Betracht kommenden Fragen hatte sich weiterhin
Mayr als Zollreferent des bayerischen Staatsministeriums des Innern, ins-
besondere bei den darüber in München stattfindenden Ministerialreferenten-
konferenzen, zu beschäftigen. Kurz vor der Vorlage des Entwurfs des Zolltarif-
gesetzes beziehungsweise der Begründung desselben an den Reichstag im April
1879 erhielt Mayr vom Fürsten Bismarck die Aufforderung, an der Vertretung
des Zolltarifs im Reichstag als Kommissar des Bundesrats teilzunehmen.
Mayr unterzog sich mit Genehmigung der bayerischen Regierung dieser Aufgabe
und fand bei seinem Eintreffen in Berlin zunächst noch Gelegenheit, an der
schriftlichen Begründung der Vorlage, sowohl bezüglich des allgemeinen Teils
als hinsichtlich einzelner Warengruppen, sich zu beteiligen. !) Dabei hatte Mayr
Gelegenheit, bei dem mündlichen Vortrag der Begründung der Holzzölle, den
er Bismarck erstatten durfte, die staunenswerte Sicherheit kennen zu lernen,
mit welcher der Fürst auch die letzten Einzelheiten der in Frage kommenden
Verhältnisse beherrschte, und die große Sorgfalt, welche er der angemessenen
Berücksichtigung derselben bei der Fassung der Begründung zuwendete. Die
Verzeichnung dieser Thatsache ist nicht überflüssig; denn es dürfte selbst in dem
Kreise der damals beteiligten Reichstagsmitglieder kaum genügend bekannt ge-
worden sein, mit welchem weitgehenden Pflichteifer der Fürst Bismarck gerade
bei der Ausgestaltung unseres nationalen Zolltarifs neben den großen und
allgemeinen Gesichtspunkten auch die vielgliedrigen Einzelheiten der in Betracht
kommenden Fragen in Berücksichtigung gezogen hat.
An den Reichstagsverhandlungen über den Zolltarif hat Mayr als
Kommissar des Bundesrats in eingehender Weise teilgenommen, insbesondere
bei Vertretung der Positionen Holz, Hopfen, Kurzwaren, Leder und Lederwaren,
verschiedene Kolonialwaren, Petroleum. Die einschlägigen Debatten gestalteten
sich teilweise, so zum Beispiel bei der Beratung der Holzzölle, außerordentlich
lebhaft.
Bei Lösung der ihm als Bundesratskommissar zugefallenen Aufgabe hatte
Mayr in ständiger Fühlung mit Bismarck gestanden. Diese Fühlung hatte in
1) Man vgl. Begründung des Gesetzentwurfs, betreffend den Zolltarif des deutschen
Zollgebiets (Deutscher Reichstag, 4. Legislaturperiode, II. Session 1879, Drucks. Nr. 132).