Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Vierter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1878-1881). (4)

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deren Bericht nicht mehr zur Beratung im Plenum gelangt ist. Die Ausschüsse 
für Handel und Verkehr und für Justizwesen wurden von dem Bundesrat 
beauftragt, darüber zu beraten, ob und inwieweit bei Wiedervorlegung des 
Gesetzentwurfes auf die in jenen Beschlüssen beziehungsweise diesen Anträgen 
enthaltenen Abänderungsvorschläge Rücksicht zu nehmen sein möchte. Die An— 
gelegenheit wurde erst in der folgenden Session des Bundesrats spruchreif. 
2. Bundesrat. 
Einleben der neuen Geschäftsordnung desselben. Hierüber 
berichtet Schultheß in seinem Europäischen Geschichtskalender unter dem 21. Okto- 
ber 1880: 
Hinsichtlich der Leitung der Verhandlungen des Bundesrats wird gemeldet, 
daß trotz der neuen Geschäftsordnung das frühere Herkommen in vollem Umfang 
aufrechterhalten bleibt. Hienach führt regelmäßig der Staatssekretär den Vorsitz 
durch Substitution des Reichskanzlers; in Ausnahmsfällen präsidirt der letztere 
oder der Minister eines Bundesstaats. Wenn man nach der neuen Geschäfts- 
ordnung verfahren wollte, so müßten die darin vorgesehenen Vorbesprechungen 
der sämtlichen deutschen Minister bereits beendet sein und ein vollständiges 
Programm für die legislatorische Thätigkeit des Bundesrats jetzt vorliegen. Die 
neue Geschäftsordnung mit ihren peinlichen Vorschriften für das Verhalten der 
Bevollmächtigten erschien als Entwurf vierzehn Tage nach dem letzten Abschieds- 
gesuch des Fürsten, und um die Kanzlerkrisis rasch zum Abschlusse zu bringen, 
wurde der Geschäftsordnungsentwurf in drei rasch auf einander folgenden Lesungen 
unverändert angenommen. Heute sehen wir den Bundesrat seine neue Session 
beginnen, nicht nach dem neuen Geschäftsreglement, sondern nach alter Gewohn- 
heit, unter direktem Absehen von der einstimmig gutgeheißenen Geschäftsordnung. 
„Es hat sich herausgestellt,“ bemerkte die „Vossische Zeitung“, „daß das neue 
Reglement unerfüllbare Forderungen stellt — Forderungen, denen gerecht zu 
werden weder die Minister der Einzelstaaten noch auch der Reichskanzler selbst 
gewillt sind. Denn sollte nach der neuen Geschäftsordnung die heute beginnende 
Bundesratssession sich einrichten, so mußte schon vor acht Tagen der Kanzler 
von Friedrichsruh hieher zurückgekehrt sein, um in den Ministerkonferenzen den 
Vorsitz zu übernehmen. Diese Konferenzen sind auf unbestimmte Zeit vertagt; 
vielleicht finden sie gegen Ende des nächsten Monats, vielleicht überhaupt nicht 
statt. Vorläufig werden Sachen administrativen Charakters aufgearbeitet, und 
dann erscheinen allmälich Vorlagen, aber dieselben erscheinen, wie bisher, nach 
einander, in unregelmäßiger Folge, je nachdem die vorbereitenden Instanzen im 
stande sind, früher oder erst später ihre Arbeiten abzuschließen. Damit sind denn 
Plenum und Ausschüsse des Bundesrats darauf angewiesen, ganz in der bis- 
herigen Weise ihren Geschäften nachzukommen. Selbst das Prinzip der Geheim-
	        
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