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entwurf nicht an den Reichstag gelangte. Einen später berühmt gewordenen
Fall dieser Art werden wir noch kennen lernen.
Vogelschutzgesetz. Der Entwurf des Gesetzes, betreffend den Schutz
nützlicher Vögel, erfuhr durch die Ausschüsse für Handel und Verkehr und für
Justizwesen des Bundesrats mancherlei Abänderungen. Die wichtigste ging dahin,
den ersten Absatz des § 1 wie folgt zu fassen: „Das Zerstören und das Ausheben
von Nestern oder Brutstätten der Vögel, das Töten, Zerstören und Ausnehmen von
Jungen und Eiern und das Feilbieten der gegen dieses Verbot erlangten Nester,
Eier und Jungen ist untersagt.“ Der Entwurf blieb im Reichstag unerledigt.
Grundsätze für die Ein= und Durchfuhr von Rindvieh aus
Oesterreich-Ungarn. Durch einen Beschluß des Bundesrats vom Jahre 1873
waren Grundsätze aufgestellt, welche das Maß von Beschränkungen für den
Viehverkehr mit dem Nachbarreiche bezeichneten. Wenn durch diesen Beschluß
die Ein= und Durchfuhr nicht, wie diejenige aus Rußland, einem allgemeinen
Verbot unterstellt wurde, so war dabei die Voraussetzung maßgebend, daß die
vorgeschriebenen Vorsichtsmaßregeln genügende Garantien gegen die Gefahr der
Rinderpesteinschleppung bieten würden. Leider erwies sich jedoch diese Voraus-
setzung als unzutreffend. Obgleich die Bundesregierungen nicht nur jene Normen
streng aufrecht erhielten, sondern auch je nach dem Grade der Ausbreitung der
Rinderpest in Oesterreich-Ungarn vielfach weitergehende Beschränkungen verhängt
hatten, so war Deutschland in neuerer Zeit zu wiederholten Malen durch Rinderpest-
invasionen heimgesucht worden, welche auf die Einfuhr von Rindvieh aus
Oesterreich-Ungarn zurückgeführt werden mußten. Auf eine Besserung dieser
Zustände war vorerst nicht zu rechnen. Dieser Sachlage gegenüber konnten die
immer dringender sich erhebenden Anträge aus den Kreisen der Landwirtschaft
auf eine Absperrung, wie gegen Rußland, kaum länger unberücksichtigt bleiben.
Thatsächlich fand diese Absperrung, infolge der Rinderpestausbrüche im Jahre
1877, gegenwärtig bereits statt.
Der Anregung, es bei dieser Sperre auch ferner zu belassen, war nur die
bayerische Regierung entgegengetreten. Indem sie auf die weitgreifenden Nach-
teile hinpies, welche ein bleibendes Verbot der Einfuhr und Durchfuhr von
Rindvieh aus Oesterreich-Ungarn für Bayern zur Folge haben würde, führte
sie namentlich aus, wie die landwirtschaftlichen Verhältnisse einzelner Grenz-
distrikte auf einer regelmäßigen Einfuhr von Rindvieh aus den jenseitigen
Nachbarländern beruhten, wie schwierig ferner sich infolge der Grenzsperre die
Versorgung mehrerer größerer Städte Bayerns mit Fleisch gestalte, wie endlich
die Frachteinnahmen bei der bayerischen Eisenbahnverwaltung infolge des Auf-
hörens der Viehtransporte durch Bayern nicht unbeträchtlich zurückgegangen wären.
Es genüge, wenn nur die Einfuhr gewissen Beschränkungen unterworfen würde.