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Anlaß zu dieser ablehnenden Haltung hatte wohl jener schon im Reichstage
von dem Vertreter der Regierung bekämpfte Beschluß gegeben, wonach den
Organen der Selbstverwaltung ein Einfluß auf die Normirung der bei Vor—
spannleistungen zu gewährenden Vergütung eingeräumt werden sollte.!)
11. Reichsfinanzen.
Einführung einer Stempelsteuer. Am 16. Dezember 1880 2)
richtete Bismarck aus Friedrichsruh das nachstehende Schreiben an den Bundesrat:
„Der auf Grund des Beschlusses des Bundesrats vom 12. April d. J.
(§ 242 der Protokolle) dem Reichstag vorgelegte Entwurf eines Gesetzes, be-
treffend die Erhebung von Reichsstempelabgaben, ist in der letzten Reichstags-
session unerledigt geblieben. Die Gründe, welche damals für die Einbringung
des bezeichneten Gesetzentwurfs maßgebend waren, bestehen unverändert fort.
Im Auftrage Sr. Majestät des Kaisers beehrt sich der Unterzeichnete daher ganz
ergebenst zu beantragen:
Der Bundesrat wolle beschließen, den Entwurf eines Gesetzes, be-
treffend die Erhebung von Reichsstempelabgaben, in der durch den Beschluß
vom 12. April d. J. genehmigten Fassung, jedoch unter Hinausschiebung
der im Tarif unter Nummer 2 gegebenen Zeitbestimmungen um ein Jahr,
dem Reichstag wieder vorzulegen.“ 3)
Bei der ersten Beratung der Vorlage im Plenum des Bundesrats wurde
am 20. Januar 1881 gegen die Stimmen der Hansestädte beschlossen, den Gesetz-
entwurf in der früheren Fassung, jedoch dem neuen Antrag gemäß unter Hinaus-
1) Ich erwähne noch Vorlagen Bismarcks, betreffend: a) den Entwurf einer Ver-
ordnung über die Versetzung Belgards und einer Reihe weiterer Städte in eine höhere
Servisklasse vom Januar 1881, „Nat.-Ztg.“ Nr. 17 v. 12. 1. 81; b) die Ergebnisse des
Heeres-Ergänzungsgeschäftes im Reichsgebiet für das Jahr 1880 vom Juni 1881, „Nordd.
Allg. Ztg.“ Nr. 261 v. 9. 6. 81; c) den von dem Reichskanzler im Dezember 1880 vor-
gelegten Entwurf, betreffend einige Ergänzungen und Abänderungen der Gesetze vom
27. Juni 1871 und vom 4. April 1874 über die Pensionirung und Versorgung der Mili-
tärpersonen rc., sowie des Gesetzes vom 31. März 1873 über die Rechtsverhältnisse der
Reichsbeamten, „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 600 v. 22. 12. 80. Sämtliche drei Schreiben
sind in Kohls Bismarck-Regesten übersehen.
2) Schultheß' Geschichtskalender gibt das falsche Datum 19. Dezember 1880. In
Kohls Bismarck-Regesten übersehen.
3) In der Nr. 42 v. 26. 1. 81 brachte die „Nordd. Allg. Ztg.“ folgendes Entrefilet:
„Es wird wiederholt zu verbreiten gesucht, daß die dem Bundesrat wiederum vorgelegten
und voraussichtlich von da aus abermals an den Reichstag gelangenden Steuervorlagen
nicht ernst gemeint seien, vielmehr nur die Bestimmung hätten, zu zeigen, daß die einzige
Hilfe in dem Tabaksmonopol bestehe. Diese Annahme ist auf das entschiedenste zu be-
streiten. Wenn der Bundesrat, wie zu erwarten, aufs neue jene Entwürfe bestätigt, so
werden seine Vertreter im Reichstag auch mit vollem Nachdruck für dieselben eintreten.“