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Bayerns und, wie man annehmen darf, Badens, welche den ganzen Entwurf
zurückweisen, Nachfolge auch von anderen Seiten verdient, und zwar abgesehen
von allem anderen, gerade wegen der jetzt geschaffenen Sachlage ... Wie wäre
es übrigens, wenn der Reichstag mit einem Initiativantrag seinerseits ant—
wortete und die Behandlung der Geschäfte in dem Bundesrat einer gründlichen
Revision unterzöge? Wir zweifeln nicht, daß sich manches Diskutirbare dabei
vorfände; hat doch seinerzeit der württembergische Staatsminister v. Mittnacht
im Reichstag selbst sehr schätzbares Material dazu an die Hand gegeben.“
In der Sitzung des Bundesrats vom 8. Februar gelangte der Gesetz-
entwurf zur Beratung und Annahme. Der vorsitzende Reichskanzler erklärte
bei Beginn der Beratung, daß er im Namen der preußischen Regierung dem
von dem Ausschuß vorgelegten Gesetzentwurf gegenüber an der ursprünglichen
Vorlage festhalte und deshalb bei den einzelnen Paragraphen die Wieder-
herstellung der ursprünglichen Fassung in Antrag bringe. Alsdann stellte
Württemberg den Präjudizialantrag, die Beratung und Beschlußfassung des
Bundesrats über den Gesetzentwurf auf vier Wochen zu vertagen. Nachdem
dieser Antrag abgelehnt worden, wurde zur Beratung der einzelnen Paragraphen
nach der vom Ausschuß beantragten Fassung übergegangen. Der zu jedem
einzelnen Paragraphen gestellte Antrag Preußens auf Wiederherstellung der
ursprünglichen Fassung wurde jedesmal abgelehnt. Auch der zu § 2 gestellte
Antrag Württembergs, den Eingang des Paragraphen dahin abzuändern:
„Diese Strafgewalt wird auf Grund des von einer Kommission des Reichstags
zu erstattenden Berichts ausgeübt, welche ..“ gelangte nicht zur Annahme.
Dagegen wurde auf Antrag Sachsens im § 3 Ziffer 1 „Warnung vor ver-
sammeltem Hause“ gestrichen, Ziffer 2 „Verweis vor versammeltem Hause“ zu
Ziffer 1 gemacht und als Ziffer 2 eingefügt: Verpflichtung zur Entschuldigung
oder zum Widerruf vor versammeltem Hause in der von der Kommission dafür
vorgeschriebenen „Form“. Zu Ziffer 3 wurden der Antrag Badens, statt
„Legislaturperiode“ zu setzen „Session“, und der Antrag Württembergs, hinzu-
zufügen: „Eine Ausschließung kann nur dann ausgesprochen werden, wenn eine
Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen sich dafür entscheidet“, abgelehnt.
Auf Anregung des sächsischen Bevollmächtigten war die Versammlung damit
einverstanden, daß in den Motiven zum Ausdruck gebracht werde, daß unter
Ungebühr im Sinne des § 3 auch Beleidigungen und Verleumdungen außerhalb
des Hauses stehender dritter Personen zu verstehen seien. Nachdem noch der
Antrag Württembergs, in § 9 die Strafdrohung dahin abzuändern: „mit
Geldstrafe bis zu 500 Mark oder mit Haft oder mit Gefängnis bis zu drei
Monaten“, und der Antrag Sachsens, in der Einleitung des Gesetzes einzufügen:
„in Abänderung beziehungsweise Ergänzung von Artikel 22, 27 und 30 der
Reichsverfassung“, abgelehnt worden waren, wurde der ganze Gesetzentwurf mit