Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Vierter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1878-1881). (4)

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Zusammenwirken zweier Staaten unter Umständen hinreichen könne, Majoritäts- 
beschlüsse herbeizuführen. Der Bevollmächtigte sei daher angewiesen, zu be- 
antragen: Der Bundesrat wolle zu den Ausschußanträgen beschließen: daß in 
den Plenarversammlungen der Kommission eines von den drei durch den Reichs- 
kanzler zu ernennenden Mitgliedern und eines der beiden von Bayern zu 
ernennenden Mitglieder nur beratende Stimme zu führen hätten. Dieser Antrag 
wurde abgelehnt. 
Die Bevollmächtigten für das Königreich Sachsen und das Herzogtum 
Braunschweig erklärten bei Zustimmung zu den Ausschußanträgen, ihre Re- 
gierungen verwahrten sich dagegen, daß aus der Zustimmung zu der vor- 
geschlagenen Zusammensetzung der Kommission ein Präjudiz für die Bildung 
ähnlicher Kommissionen in der Zukunft abgeleitet werde. Auch wurde Ein- 
verständnis darüber konstatirt, daß unter Beamten, welche in die Kommission 
zu berufen seien, auch die Senatoren der Hansestädte sowie im Ruhestande 
befindliche Beamte zu verstehen seien und der Reichskanzler bei der Auswahl 
der von ihm zu ernennenden Kommissionsmitglieder nicht auf Reichsbeamte 
beschränkt sei. 
Seinen Gedanken über die Ziele seiner Steuer= und Zollpolitik gab Bis- 
marck in nachstehendem, an den Bundesrat gerichteten Schreiben 1) Ausdruck: 
Friedrichsruh, den 15. Dezember 1878. 
„Nachdem der Bundesrat auf Grund der Vorlage vom 12. November l. J. 
die Einsetzung einer Kommission zur Revision des Zolltarifs beschlossen hat, 
beehre ich mich, nachstehend die Gesichtspunkte darzulegen und zur geneigten 
Erwägung zu stellen, welche mir bei dieser Revision als leitende vorschweben, 
und in deren Richtung ich amtlich zu wirken bestrebt bin. 
In erster Linie steht für mich das Interesse der finanziellen Reform. 
Verminderung der direkten Steuerlast durch Vermehrung der auf indirekten 
Abgaben beruhenden Einnahmen des Reichs. 
Wie weit Deutschland in der finanziellen Entwicklung seines Zollwesens 
hinter anderen Staaten zurückgeblieben ist, zeigt die unter 1 anliegende Uebersicht. 
Das hier dargestellte Verhältnis würde sich noch ungünstiger für Deutschland 
gestalten, wenn zu den für Oesterreich-Ungarn, Frankreich und Italien auf- 
geführten Beträgen der Einnahme an Grenzzöllen die Summen hinzugefügt 
würden, welche diese Staaten an Stelle des Zolls vom ausländischen Tabak 
in der Form des Monopolertrags beziehen, und welche zu Gunsten der Gemeinden 
als Oktroi erhoben werden. 
1) Am 29. Nov. 1878 hatte Bismarck in Friedrichsruh eine Konferenz mit dem 
Staatsminister Hofmann, wobei wahrscheinlich die in diesem Schreiben erwähnten Fragen 
besprochen wurden. (In Kohls Bismarck-Regesten nicht erwähnt).
	        
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