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dustrie, je nach dem Ergebnis der im Gange befindlichen Enquêten, eine Wieder-
herstellung höherer oder Erhöhung der gegenwärtigen Zollsätze sich empfehlen.
Schutzzölle für einzelne Industriezweige aber wirken, zumal wenn sie das
durch die Rücksicht auf den finanziellen Ertrag gebotene Maß überschreiten,
wie ein Privilegium und begegnen auf seiten der Vertreter der nicht geschützten
Zweige der Erwerbsthätigkeit der Abneigung, welcher jedes Privilegium aus-
gesetzt ist. Dieser Abneigung wird ein Zollsystem nicht begegnen können,
welches innerhalb der durch das finanzielle Interesse gezogenen Schranken der
gesamten inländischen Produktion einen Vorzug vor der ausländischen Produktion
auf dem einheimischen Markt gewährt. Ein solches System wird nach keiner
Seite hin drückend erscheinen können, weil seine Wirkungen sich über alle
produzierenden Kreise der Nation gleichmäßiger verteilen, als es bei einem
System von Schutzzöllen für einzelne Industriezweige der Fall ist. Die Minder-
heit der Bevölkerung, welche überhaupt nicht produzirt, sondern ausschließlich
konsumirt, wird durch ein die gesamte nationale Produktion begünstigendes
Zollsystem scheinbar benachteiligt. Wenn indessen durch ein solches System die
Gesamtsumme der im Inlande erzeugten Werte vermehrt und dadurch der
Volkswohlstand im ganzen gehoben wird, so wird dies schließlich auch für die
nicht produzirenden Teile der Bevölkerung und namentlich für die auf festes
Geldeinkommen angewiesenen Staats= und Gemeindebeamten von Nutzen sein;
denn es werden der Gesamtheit dann die Mittel zur Ausgleichung von Härten
zu Gebote stehen, falls sich in der That eine Erhöhung der Preise der Lebens-
bedürfnisse aus der Ausdehnung der Zollpflichtigkeit auf die Gesamteinfuhr
ergeben sollte. Eine solche Erhöhung wird jedoch in dem Maße, in welchem
sie von den Konsumenten befürchtet zu werden pflegt, bei geringen Zöllen
voraussichtlich nicht eintreten, wie ja auch umgekehrt nach Aufhebung der Mahl-
und Schlachtsteuer die Brot= und Fleischpreise in den früher davon betroffenen
Gemeinden nicht in einer bemerkbaren Weise zurückgegangen sind.
Eigentliche Finanzzölle, welche auf Gegenstände gelegt sind, die im Inlande
nicht vorkommen und deren Einfuhr unentbehrlich ist, werden zum Teil den
Inländer allein treffen. Bei Artikeln dagegen, welche das Inland in einer für
den einheimischen Verbrauch ausreichenden Menge und Beschaffenheit zu erzeugen
im stande ist, wird der ausländische Produzent den Zoll allein zu tragen haben,
um auf dem deutschen Markte noch konkurriren zu können. In solchen Fällen
endlich, in denen ein Teil des inländischen Bedarfs durch auswärtige Zufuhr
gedeckt werden muß, wird der ausländische Konkurrent meist genötigt sein,
wenigstens einen Teil und oft das Ganze des Zolls zu übernehmen und seinen
bisherigen Gewinn um diesen Betrag zu vermindern. Daß Grenzzölle auf
solche Gegenstände, welche auch im Inlande erzeugt werden, den ausländischen
Produzenten für das finanzielle Ergebnis mit heranziehen, geht aus dem Interesse
hervor, welches überall das Ausland gegen Einführung und Erhöhung der-