artiger Grenzzölle in irgend einem Gebiet an den Tag legt. Wenn im praktischen
Leben wirklich der inländische Konsument es wäre, dem der erhöhte Zoll zur
Last fällt, so würde die Erhöhung dem ausländischen Produzenten gleich-
giltiger sein.
Soweit hiernach der Zoll dem inländischen Konsumenten überhaupt zur
Last fällt, tritt er hinter den sonstigen Verhältnissen, welche auf die Höhe der
Warenpreise von Einfluß sind, in der Regel weit zurück. Gegenüber den Preis-
schwankungen, welche bei bestimmten Warengattungen durch den Wechsel im
Verhältnis von Angebot und Nachfrage oft binnen kurzer Zeit und bei geringer
örtlicher Entfernung der Marktplätze von einander bedingt wird, kann ein Zoll
der etwa 5 bis 10 Prozent vom Wert der Ware beträgt, nur einen verhältnis-
mäßig geringen Einfluß auf den Kaufpreis üben. Andere Momente, wie die
Ungleichheiten der Frachtsätze bei den Differenzialtarifen der Eisenbahnen, wirken
in dieser Beziehung viel einschneidender vermöge der Einfuhrprämie, die sie dem
Auslande, oft zum vielfachen Betrage jedes vom Reiche aufzulegenden Zolles
auf Kosten der deutschen Produktion gewähren. Ich bin deshalb auch der
Ueberzeugung, daß mit der Revision der Grenzzölle eine Revision der Eisenbahn-
tarife notwendig Hand in Hand gehen muß. Es kann auf die Dauer den
einzelnen Staats= und Privateisenbahnverwaltungen nicht die Berechtigung
verbleiben, der wirtschaftlichen Gesetzgebung des Reiches nach eigenem Ermessen
Konkurrenz zu machen, die Handelspolitik der verbündeten Regierungen und
des Reichstags nach Willkür zu neutralisiren und das wirtschaftliche Leben der
Nation den Schwankungen auszusetzen, welche im Gefolge hoher und wechselnder
Einfuhrprämien für einzelne Gegenstände notwendig eintreten.
Die Rückkehr zu dem Prinzip der allgemeinen Zollpflicht entspricht der
jetzigen Lage unserer handelspolitischen Verhältnisse. Nachdem der Versuch, mit
Oesterreich-Ungarn einen neuen Tarifvertrag zu vereinbaren, respektive den
bisherigen zu prolongiren, gescheitert ist, sind wir (abgesehen von den in den
Verträgen mit Belgien und der Schweiz enthaltenen Tarifbestimmungen) in das
Recht selbständiger Gestaltung unseres Zolltarifs wieder eingetreten. Bei der
bevorstehenden Revision des Zolltarifs kann nur unser eigenes Interesse maß-
gebend sein. Dieses Interesse wird vielleicht demnächst zu neuen Verhandlungen
über Tarifverträge mit dem Ausland führen. Sollen aber solche Verhandlungen
mit der Aussicht auf einen für Deutschland glücklichen Erfolg begonnen werden,
so ist es nötig, vorher auf dem autonomen Wege ein Zollsystem zu schaffen,
welches die gesamte inländische Produktion der ausländischen gegenüber in die
möglichst günstige Lage bringt.
Dem Bundesrat stelle ich ergebenst anheim, die vorstehenden Bemerkungen
der Kommission, welche behufs Revision des Zolltarifs zufolge des Beschlusses
vom 12. d. Mts. eingesetzt wird, zur Erwägung gefälligst überweisen zu
wollen. v. Bismarck."“