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gütlichen Wege über die Verteilung des Verkehrs auf die einzelnen Routen zu
einigen. Bei der im Schoße der Verbandskonferenzen erfolgenden Einigung
über die Teilung des Verkehrs sind keineswegs die natürlichen Verhältnisse des
Verkehrs allein bestimmend, sondern es wird diejenige Bahn den meisten Verkehr
an sich ziehen, welche durch geschickte Verhandlung um die Transport-Bedingungen
den größten Vorteil zu erreichen weiß. Die Abmachungen darüber, welchen
Teil jede Linie an dem Gesamtverkehr zu nehmen hat, pflegen in den In—
stradirungsvorschriften, welche in Form umfangreicher Hefte für die beteiligten
Verbände herausgegeben werden, niedergelegt zu werden. Die Verteilung der
Güter unter die in Frage kommenden Routen wird meistens nach bestimmten
Zeitperioden vorgenommen; sind zwei Routen zu versorgen, so werden diese
Zeitperioden in der Regel abwechselnd auf einen Monat festgesetzt, so daß die
eine Route in der Regel alle im Januar, die andere alle im Februar ein—
gelieferten Güter erhält 2c.; sind mehrere Linien zu versorgen, so werden diese
Zeitperioden derart geändert beziehungsweise abgekürzt, daß in halb= oder selbst
drittelmonatlicher, bei Konkurrenz einer größeren Anzahl Routen sogar in
wöchentlicher Reihenfolge abgewechselt wird. Die Verteilungsvorschriften beziehen
sich auf solche Sendungen, bei denen der Versender im Frachtbrief keine bestimmte
Route vorgeschrieben hat. Enthält der Frachtbrief eine Vorschrift über die
Leitung der Sendung, so ist in der Regel nach dieser zu verfahren. In einige
Verbandsabkommen hat man aber auch die Bestimmung aufgenommen, daß der
direkte Frachtsatz nur in Anwendung kommen soll, wenn der Frachtbrief keine
Route vorschreibt, daß dagegen, wenn eine Route vorgeschrieben ist, die teurere
Fracht von Bahn zu Bahn zur Berechnung kommt. Da es vorgekommen sein
soll, daß die eine oder andere bei einem Verbandstarif beteiligte Verwaltung,
um die dem Verbande zufallenden Güter auf ihre Routen zu ziehen, dem
Publikum, wenn es die Frachtbriefvorschriften auf ihre Route ausstellte, besondere
Begünstigungen unter der Hand gewährt hat, so hat man durch die letztere
Bestimmung erreichen wollen, daß nicht eine einzelne Verwaltung durch An-
wendung derartiger Mittel im stande sei, die Güter über ihre Route zu leiten
und so andere Verwaltungen, welche die vereinbarten Bestimmungen beobachten,
zu schädigen.
So ergibt sich beispielsweise aus den Instradirungsvorschriften des deutsch-
österreichischen Verbandes, daß zwischen Wien und Stettin nicht weniger als
insgesamt 34 verschiedene Schienenwege in wöchentlich abwechselnder Reihenfolge
zur Beförderung der in den einzelnen Verkehrsbeziehungen zwischen diesen beiden
Orten zum Austausch gelangenden Güter in Benutzung sind. In gleich ver-
wickelter Weise gestalten sich die Verhältnisse zwischen Wien und Berlin, Ham-
burg und Wien 2c. Bei kürzeren Beförderungsstrecken wird die Benutzung der
Routen zwar weniger zahlreich, aber nicht minder verwickelt. So erfolgt die
Beförderung der Güter zwischen Hamburg und Zittau, im norddeutsch-sächsischen