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wie bereits in Band III. S. 19 erwähnt, von der Vorlage erst erfuhr, als sie ge-
druckt auf seinen Arbeitstisch gelegt wurde. Er war davon natürlich nicht angenehm
berührt, trug aber dem Fürsten den Vorgang nicht nach 1) und lieh demselben
nach wie vor, und zwar auch in dieser kritischen Frage, seine Unterstützung.
Am 18. März 1879 teilte Bismarck dem Bundesrat noch das Protokoll
der Konferenz mit, welche in der Zeit vom 7. bis 11. März die Frage der
gesetzlichen Regelung des Gütertarifwesens auf den deutschen Eisenbahnen be-
raten hatte. Es geschah dies mit folgendem Begleitschreiben:
„Zur Vorbereitung der Beschlußnahme über den Präsidialantrag vom
7. Februar d. J., betreffend die Ausarbeitung eines Gesetzes zur Regelung des
Gütertarifwesens auf den deutschen Eisenbahnen, 2) glaubte ich den Versuch nicht
unterlassen zu sollen, vor dem Eintritt in die verfassungsmäßige Geschäfts-
behandlung zwischen den hohen Regierungen, welche durch den Besitz von
Staatsbahnen direkt beteiligt sind, eine freie Verständigung über die Behandlung
des Antrages herbeizuführen.
Der dankenswerten Zustimmung zu diesem Vorschlage ist eine Konferenz
gefolgt, welche unter Teilnahme von Vertretern der hohen Regierungen von
Preußen, Bayern, Sachsen, Württemberg, Baden, Hessen, Oldenburg und der
Reichs-Eisenbahnverwaltung stattgefunden hat.
Ueber das Ergebnis dieser Verhandlungen gibt das in der Anlage ganz
ergebenst beigefügte Konferenzprotokoll Aufschluß.
Ungeachtet aller, bei den ersten Erwägungen einer umfassenden Reform
1) Offiziös wurde berichtet: „Wir haben bereits neulich allen Gerüchten über eine
ministerielle Krisis widersprochen, und die seither verflossenen Tage haben uns nicht unrecht
gegeben. Wir können jetzt weiter versichern, daß die Behauptungen über lebhafte Erörte-
rungen zwischen Fürst Bismarck und Maybach in Betreff der Haltung des letzteren in der
die „Frankfurter Zeitung“ berührenden Debatte gänzlich grundlos sind. Die Angelegenheit
der „Frankf. Ztg.“ ist zwischen beiden Staatsmännern nicht einmal zur Sprache gekommen.
Ebenso ist ohne alle Begründung, was erzählt wird von einer Empfindlichkeit des Handels-
ministers wegen einer Beteiligung des Generalpostmeisters an den Eisenbahntariffragen.
Eine solche Empfindlichkeit war dadurch ausgeschlossen, daß die Herzuziehung des General-=
postmeisters seitens des Reichskanzlers auf vorhergängigem Einverständnis mit dem Handels-
minister beruhte.“ Die „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 43 v. 18. 2. 79 schrieb: „Nicht anders
verhält es sich mit dem als Fühler in die Welt gesetzten Gerücht über Differenzen im
Schoße des Staatsministeriums, insbesondere zwischen dem Fürsten Bismarck und dem
Handelsminister über die Eisenbahntariffrage. Die völlige Grundlosigkeit dieses Gerüchts
ist schon neulich hervorgehoben worden. Es wird jedoch gut sein, daran zu erinnern, daß
die Tariffrage eine Angelegenheit des Reiches ist und nicht eine solche des Einzelstaates.
Für Eisenbahnsachen hat das Reich, soweit sie seiner Kompetenz unterliegen, geordnete Organe
in dem Reichs-Eisenbahn-Amte und in dem Generalpostmeister. Eine Zuziehung des preu-
ßischen Handelsministers bei der Tariffrage bezw. bei der Ordnung derselben durch das
Reich würde dem gegenwärtigen Stande der Sache nicht entsprochen haben.
2) Ueber die Mitglieder und Arbeiten dieser Kommission vgl. die „Nordd. Allg. Ztg."
Nr. 103 v. 25. 3. 79 und „Nat.-Ztg.“ Nr. 142 v. 25. 3. 79.