18 Neunzehntes Kapitel: Schleswig-Holstein.
einen Canal durch Holstein zu bauen, in Friede und Freundschaft
mit Oestreich gewonnen worden war.
Ich denke mir, daß das Verfügungsrecht über den Kieler Hafen
bei Sr. Majestät schwerer in das Gewicht gefallen ist, als der
Eindruck der neuerworbenen freundlichen Landschaft von Ratzeburg
mit seinem See. Die deutsche Flotte, und der Kieler Hafen als
Unterlage ihrer Errichtung, war seit 1848 einer der zündenden
Gedanken gewesen, an deren Feuer die deutschen Einheitsbestrebungen
sich zu erwärmen und zu versammeln pflegten. Einstweilen aber
war der Haß meiner parlamentarischen Gegner stärker als das
Interesse für die deutsche Flotte, und es schien mir, daß die Fort-
schrittspartei damals die neuerworbenen Rechte Preußens auf Kiel
und die damit begründete Aussicht auf unsre maritime Zukunft
lieber in den Händen des Auctionators Hannibal Fischer, als in
denen des Ministeriums Bismarck gesehn hätte ). Das Recht zu
Klagen und Vorwürfen über die Vernichtung deutscher Hoffnungen
durch diese Regirung hätte den Abgeordneten größere Befriedigung
gewährt als der gewonnene Fortschritt auf dem Wege zu ihrer
Erfüllung. Ich schalte einige Stellen aus der Rede ein, welche
ich am 1. Juni 1865 für den außerordentlichen Geldbedarf der
Marine gehalten habe .
„Es hat wohl keine Frage die öffentliche Meinung in Deutsch-
land in den letzten 20 Jahren so einstimmig interessirt, wie
grade die Flottenfrage. Wir haben gesehn, daß die Vereine, die
Presse, die Landtage ihren Sympathien Ausdruck gaben, diese
Sympathien haben sich in Sammlung von verhältnißmäßig recht
bedeutenden Beträgen bethätigt. Den Regirungen, der conser-
vativen Partei wurden Vorwürfe gemacht über die Langsamkeit
und über die Kargheit, mit der in dieser Richtung vorgegangen
würde; es waren besonders die liberalen Parteien, die dabei thätig
1) Vgl. die Rede vom 1. Juni 1865, Politische Reden II 356.
) Politische Reden a. a. O. S. 355 ff.