Full text: Wegweiser durch Bismarcks Gedanken und Erinnerungen. (3)

110 XII. Nikolsburg und der Norddeutsche Bund. 
Krone, von dem Kerne der Monarchie durch die feindlichen 
Gebiete von Hannover, Kurhessen, Nassau und Frankfurt ge- 
trennt waren, und eben noch hatte der Krieg bewiesen, wie 
nothwendig die Herstellung eines festen territorialen Zusammen- 
hanges im Norden Deutschlands für Preußens Sicherheit war. 
Wir dürfen als gewiß annehmen, daß Bismarck für die An- 
nexion dieser Gebiete bei dem Könige unbedingt eingetreten 
ist, ob von vornherein oder erst, nachdem die französische Ein- 
mischung Preußen einen Theil des durch seinen Sieg Errungenen 
wieder entriß, läßt sich mit voller Klarheit nicht entscheiden. 
Im Rückblick auf diese Zeit giebt Bismarck zu, daß Preußen 
die Annexionen habe entbehren und Ersatz dafür in der Bundes- 
verfassung suchen können, und nach dem Wortlaut der „Ge- 
danken und Erinnerungen“ wird man annehmen müssen, daß 
sich Bismarck anfangs für diesen Modus verwendet hat; aber 
schwerlich hat des Königs Wunsch nach einer Abrundung des 
preußischen Staatsgebietes bei ihm auf eine grundsätzliche Ab- 
neigung gestoßen. Das Wort: „Ich bin meinem Fürsten treu 
bis in die Vendée, aber gegen alle andern fühle ich in keinem 
Blutstropfen eine Spur von Verbindlichkeit, den Finger für 
sie aufzuheben“ ist ein Glaubensbekenntniß, das sicher im 
Jahre 1866 für Bismarck noch höhere Geltung besaß als 1861, 
da er es in einem Briefe an Roon ablegte. Der König da- 
gegen hatte legitimistische und dynastische Bedenken gegen die 
Annexion ganzer Staaten und wollte sich an Gebietsabtretungen 
jedes einzelnen an Preußen genügen lassen. Ohne Zweifel war 
die Anschauung des Ministers, aus dem politischen Standpunkte 
betrachtet, richtiger als die des Königs, und wenn der König 
ihr anfangs widerstrebend folgte, so scheint er sich doch schnell 
genug mit dem Grundgedanken so vertraut gemacht zu haben, 
daß er mehr forderte, als dem Minister aus politischen Er- 
wägungen nothwendig erschien. Schließlich hat er sich an der 
Erwerbung Schleswig-Holsteins und der oben erwähnten 
norddeutschen Staaten, sowie an der Abtretung einiger Groß- 
herzoglich hessischen Gebiete genügen lassen. 
Den süddeutschen Staaten Bayern, Württemberg und 
Baden blieb Landverlust erspart. Außer einer Verkleinerung
	        
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