Full text: Wegweiser durch Bismarcks Gedanken und Erinnerungen. (3)

Bismarck und die Militairs. Beschießung von Paris. 121 
Entwickelung ungeahnter Vertheidigungskräfte im mittleren und 
südlichen Frankreich eine Ermuthigung schöpfen konnten, in einer 
gemeinsamen Vorstellung die Beilegung des Krieges auf dem 
Wege einer europäischen Conferenz zu fordern, deren Beschlüsse 
dafür gesorgt haben würden, daß die deutschen Bäume nicht 
in den Himmel wuchsen. Seine Befürchtungen waren durchaus 
nicht ohne Grund. Graf Beust, der nach 1866 die Leitung des 
österreichischen Staates übernommen und den Gedanken eines 
mit Frankreich gemeinschaftlichen Krieges gegen Preußen erst 
nach den glänzenden Siegen der deutschen Waffen aufgegeben 
hatte, war eifrig bemüht, unter der heuchlerischen Maske der 
Menschlichkeit eine „collective Mediation der Neutralen“ zu 
Stande zu bringen; um so dringlicher erschien es Bismarck, 
mit Frankreich abzuschließen, bevor eine Verständigung der 
neutralen Mächte über ihre Einflußnahme auf den Frieden 
erfolgt war. Es war ihm nicht unbekannt, daß in Italien bei 
dem König, in Rußland bei Gortschakow hilfbereites Wohl- 
wollen für Frankreich vorhanden war, und „daß wir in den 
maßgebenden Kreisen eines so gewichtigen Factors wie England 
über zuverlässige Sympathien, und namentlich über solche, 
welche bereit gewesen wären, sich auch nur diplomatisch zu be- 
thätigen, nicht verfügen konnten.“ Was auf dem Spiele stand, 
wenn die Einmischung der Neutralen Deutschland den Sieges- 
preis beschnitt, sah Bismarck klarer voraus als die Militairs: 
der gewaltige Krieg mit seinen Siegen und seiner Begeisterung 
blieb dann ohne die Wirkung, die er für unsere nationale 
Einigung haben konnte; gelang es nicht, ihn zum vollen Ab- 
schluß zu bringen, „so waren weitere Kriege ohne vorgängige 
Sicherstellung unserer vollen Einigung in Sicht.“ Der gleichen 
Ansicht wie Bismarck in der Frage der Beschießung von Paris 
war Roon, aber ihm standen andere militairische Autoritäten 
gegenüber, die einer sofortigen Beschießung sich widersetzten, so 
lange die schweren Belagerungsgeschütze mit ihrer Munition 
nicht zur Stelle seien. Es zeigte sich aber auch nicht der gute 
Wille, sie so schnell wie möglich zur Stelle zu bringen, und 
diese Verzögerung einer vom militairischen wie politischen 
Standpunkte so nothwendigen Maßregel führt Bismarck auf
	        
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