Angriffe auf den Werth des Werkes. 3
wunderschaffenden Hände, das Deutsche Reich, zu zerstören.
Wie hätte Herr Kröner vermuthen sollen, daß die noch gar
nicht geschriebenen Denkwürdigkeiten des Fürsten Bismarck so
zahm und loyal ausfallen würden, daß er als „Geheimer
Rath“ vor dem Kaiser mit solchem Werke bestehen könnte?
Daß er froh ist, das Werk von Moritz Busch nicht
verlegt zu haben, wird ihm kein Mensch verdenken. Niemand
aber hat ein Recht, daraus zu schließen, daß er sich gesträubt
haben würde, Bismarcks „Gedanken und Erinnerungen“ un-
geändert zu verlegen, wenn sie Bemerkungen enthielten, die
in Hof= und Regierungskreisen verstimmen könnten. Ent-
täuschungen, „die man in Deutschland noch stärker als im
Ausland empfinden wird“, dürfte Bismarcks Werk nur bei
Denen hervorrufen, welche darin suchen, was sie darin nicht
finden: den Scandal. Fürst Bismarck war jederzeit ein Feind
aller Sensation, und er sollte sich dazu hergegeben haben,
„sensationelle Enthüllungen zu bringen, politische Geheimnisse
auszuplaudern“", und dadurch den Beweis zu führen, daß er
der „wohldisciplinirte“ Staatsmann nicht sei, als den er sich
früher einmal bezeichnet hat?1) Wahrlich, wir Deutsche haben
allen Grund, dem Fürsten Bismarck dankbar zu sein, daß er
bei seinen Aufzeichnungen nicht die „Sensation“, die schnell
vergeht wie das Leben der Eintagsfalter, sondern die politische
Belehrung im Auge hatte, er hat uns damit ein politisches
Testament hinterlassen von unvergänglichem Werthe, einen
„Besitz für die Ewigkeit“, wie ihn Thucydides den Athenern in
seinem Werke über den peloponnesischen Krieg schaffen wollte.
1) Vgl. Rede vom 17. December 1873, Politische Reden VI, 131.