Full text: Wegweiser durch Bismarcks Gedanken und Erinnerungen. (3)

158 XV. Bruch mit den Conservativen. Intrigen. Die Ressorts. 
gefügt, so glaubten sie ihr Ziel, Bismarcks Beseitigung, zu er- 
reichen. Aber gerade damals war Bismarck entschlossen zu 
bleiben, nicht aus Herrschsucht, sondern in der auf gewissen- 
hafter Erwägung beruhenden Ueberzeugung, daß er im Falle 
des Todes Kaiser Wilhelms I. verpflichtet sei, seinem Nach- 
folger die Dienste nicht zu versagen, die er ihm vermöge des 
Vertrauens und der Erfahrung leisten konnte, die er sich er- 
worben hatte. Die Nationalliberalen haben Bismarck damals das 
Wort in den Mund gelegt: er werde sie an die Wand drücken, 
bis sie „quietschten“. Fürst Bismarck hat schon früher bestritten, 
jemals eine solche Aeußerung gethan zu haben, die übrigens so 
ganz dem vornehmen Ton widerspricht, in dem er sich zu äußern 
pflegte; in den „Gedanken und Erinnerungen“ erneuert er 
diesen Protest und stellt als Quelle der Redensart die Memoiren 
des Grafen Beust fest. Nach seiner Ansicht haben vielmehr die 
Nationalliberalen darnach getrachtet, seine Erbschaft anzutreten, 
und sich mit einigen seiner Collegen und Leuten von Einfluß 
am Hofe und im Centrum über die Theilung der Beute ver- 
ständigt. Im neuen Ministerium sollten sich, wie im Ministeri- 
um Gladstone, Liberalismus und Katholicismus die Hand 
reichen; General von Stosch hatte den Auftrag, im Palais 
des Kaisers und des Kronprinzen der neuen Combination die 
Wege zu ebnen. 
Man rechnete dabei vornehmlich auf den Grafen Botho 
zu Eulenburg, der seit dem 31. März 1878 Minister des 
Innern und am Hofe durch alte Familienbeziehungen persona 
grata war. Er war gegen Bismarck verstimmt durch die ge- 
schäftliche Behandlung einer zwischen ihm und dem Reichs- 
kanzler schwebenden Differenz, obwohl das Versehen weniger 
auf Seiten Bismarcks als auf Seiten des Geheimraths Tiede- 
mann beruhte, der einen ihm zu Theil gewordenen Auftrag 
ungeschickt ausgeführt hatte. Alle Bemühungen freilich, das 
Vertrauen des alten Kaisers zu seinem bewährten Berather 
zu erschüttern, scheiterten an der unwandelbaren Treugesinnung 
des alten Herrn, der durch sein „Niemals“ unter Bismarcks 
Abschiedsgesuche vom März 1877 den Bund vom 22. Sep- 
tember 1862 erneuert hatte. Im Jahre 1881 nahm Graf
	        
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