XVIII.
Rußlanss zukünftige Politik.
Das 30. Capitel des Werkes, das überschrieben ist:
Zukünftige Politik Rußlands, ist eines der bedeut-
samsten, denn es behandelt eine Frage von hervorragender
Wichtigkeit, die in einer verhältnißmäßig nahen Zukunft an uns
herantreten wird. Seit 1879 hat Rußland eine Verschiebung
seines Truppenstandes vorgenommen, die mit ihren Truppen-
anhäufungen an den Grenzen von Deutschland und Oesterreich
deutlich die Absicht wahrnehmen läßt, zu gegebener Zeit Europa
gegenüber seine militairische Stärke zur Geltung zu bringen.
Die Unruhe, die sich über diese bedrohliche Erscheinung der
Gemüther in Deutschland bemächtigte, hat sich einigermaßen
gelegt, seitdem Fürst Bismarck in der gewaltigsten seiner
politischen Reden, der Rede vom 6. Februar 1888,1) als
Staatsmann sich über den Zusammenhang der Truppenan-
häufungen mit Rußlands zukünftigen politischen Zielen äußerte.
Der Leser der „Gedanken und Erinnerungen“ muß bei der
Lectüre des 30. Capitels sich die Ausführungen von 1888
gegenwärtig halten. Ich setze sie (im Auszug) hierher: „Es
hat ja sehr leicht den Anschein, als ob die Anhäufung russischer
Truppen . . in der Nähe der deutschen und österreichischen
Grenzen .. nur von der Absicht eingegeben werden könnte,
eines der Nachbarländer unvorbereitet zu überfallen und
anzugreisen. Nun, das glaube ich nicht. Einmal liegt es
1) Politische Reden XII 440 ff.