II.
Hie „Gezanken und Frinnerungen als Eeschichtswerk.
Ist Bismarcks Werk ein tendenziöses Werk? Darf es als
Geschichtsquelle benutzt werden oder hat man ihm mit dem
Mißtrauen gegenüberzutreten, das bei so manchen Memoiren-
werken angebracht ist? Diese Fragen werden selbstverständlich
aufgeworfen werden, sind auch bereits von den politischen
Gegnern des Fürsten Bismarck in einem ihm abgünstigen Sinne
beantwortet worden. Ich kann versichern, daß den Fürsten
Bismarck immer nur die eine Absicht geleitet hat, die Wahrheit
zu sagen und in der Beurtheilung objectiv zu bleiben, so
weit es dem Menschen gegeben ist, dieser höchsten
Forderung der Geschichtswissenschaft nachzukommen.
Fürst Bismarck ist immer ein wahrer Mensch gewesen, alles
verlogene, unehrliche Wesen prallte an seinem vornehmen Wahr-
heitssinne ab, und wenn auch seine politischen Gegner es an
Versuchen nicht haben fehlen lassen, ihn der Lüge, der Doppel-
züngigkeit, der Unwahrhaftigkeit zu zeihen, so hat der Vorwurf
doch nie erwiesen werden können, immer wieder schnellte der
Pfeil auf den Schützen zurück. Und so hat der Geist der
Wahrheit auch in den „Gedanken und Erinnerungen“ die Feder
geführt. Nirgends macht Fürst Bismarck den Versuch, zu be-
schönigen und zu verhüllen. Er hat's nicht nothwendig, irgend
etwas, was er gethan hat, abzuleugnen; er bekennt ruhig, wo
er sich geirrt hat, wo seine Berechnungen sich als irrig er-
wiesen, und bleibt auch in diesem Punkte dem Grundsatze treu,
den er so oft betont hat, daß der Mensch — und vor Allem
der Staatsmann — nicht aufhören dürfe zu lernen, daß alles