Uebersetzung der fremdsprachigen Stücke aus dem „Wegweiser“. 217
feindlich ist, und das in Fragen, welche Deutschland in keiner
Hinsicht interessiren, aber für uns sehr wichtig sind.
Verzeihe mir, mein lieber Oheim, die Freimüthigkeit meiner
auf Thatsachen gegründeten Aussprache, aber ich halte es für
meine Pflicht, Deine Aufmerksamkeit auf die traurigen Folgen zu
lenken, die das in unseren freundnachbarlichen Beziehungen herbei-
führen könnte, wenn unsere beiden Nationen einander reizen, wie
die Presse der beiden Länder es zu thun beginnt. — Ich sehe
darin die Arbeit unserer gemeinsamen Feinde, derselben, welche
den Bund der drei Kaiser nicht verdauen konnten. Du erinnerst
Dich, daß wir mehr als einmal mit Dir darüber gesprochen
haben, und wie glücklich ich war, mich zu überzeugen, daß unsere
Ueberzeugungen darüber die gleichen waren. Ich verstehe voll-
kommen, daß Du darauf hältst, Deine guten Beziehungen mit
Oesterreich aufrecht zu erhalten, aber ich verstehe nicht, welches
Interesse Deutschland haben könnte, das Rußlands zu opfern. —
Ist es eines wirklichen Staatsmannes würdig, eine persönliche
Verstimmung in die Wagschale zu werfen, wenn es sich um das
Interesse zweier großer Staaten handelt, die geschaffen sind, mit
einander in gutem Einvernehmen zu leben, und von denen der
eine dem andern im Jahre 1870 einen Dienst geleistet hat, den
Du nach Deinen eigenen Worten niemals vergessen zu wollen er-
klärtest. Ich würde mir nicht erlaubt haben, Dich daran zu er-
innern, aber die Umstände werden zu ernst, als daß ich Dir die
Befürchtungen verhehlen könnte, die mich beschäftigen, und deren
Folgen unheilvoll für unsere beiden Länder werden könnten.
Gott schütze uns davor und berathe Dich! Die Gesundheit meiner
Frau hat uns ernste Besorgnisse die ganze letzte Zeit über ver-
ursacht. Gott gebe, daß die Luft der Heimath ihr Besserung
verschaffen könne.
Zürne mir nicht, mein lieber Oheim, wegen des Inhalts
dieses Briefes und glaube an die Gefühle unwandelbarer An-
hänglichkeit und aufrichtiger Liebe
Deines
ganz ergebenen
Neffen und Freundes
Alexander.