24 IV. Bis zum Ersten Vereinigten Landtage.
aber die Opposition des „politischen“ Liberalismus, der ihm
auf dem Vereinigten Landtage in Männern wie v. Saucken-
Tarputschen, Alfred v. Auerswald, v. Beckerath, v. d. Heydt,
Mevissen, v. Vincke gegenübertrat, fand nicht seine Zustimmung;
ihre Reden mutheten ihn auch in seinen alten Tagen noch an
wie „importirte Phrasen-Schablone“. Es ist charakteristisch,
daß Bismarck alsbald mit den Liberalen des Vereinigten
Landtags über die Frage in Conflict gerieth, aus welchen
Gründen die Erhebung des preußischen Volkes im Jahre 1813
erfolgt sei. Dem nackten Materialismus, der „dem Könige
dafür, daß die Nation sich selbst befreit habe, eine in Ver-
fassungsparagraphen zahlbare Rechnung überreichen wollte",
stellte er den Idealismus eines warmfühlenden Patrioten
gegenüber, dem der Zorn über die Fremdherrschaft die Waffen
in die Hand drückt, ohne zu fragen, ob sein Kampf für die
Freiheit einer liberaler gerichteten Verfassung die Bahn brechen
wird. Der Sturm, den seine Aeußerung hervorrief, gab ihm
Gelegenheit, seine kaltblütige Verachtung der Majorität in un-
nachahmlicher Weise zu bekunden: in einer auf der Tribüne
liegenden Zeitung blätternd, wartete er, bis der tobende Lärm
sich gelegt hatte und er seine Rede beenden konnte. Seine
Haltung im Landtage aber gewann ihm das Vertrauen und
die Gunst seines Königs Friedrich Wilhelm IV. Unter den
Augen des Landtags freilich mied der König den tapfern
Kämpen für die Rechte der Krone in augenfälliger Weise, so daß
Bismarck glaubte, durch seine Haltung als royalistischer Heiß-
sporn die Grenzen überschritten zu haben, die der König selbst
sich gesteckt hatte. Aber fern von Berlin wagte er sich offen zu
dem streitbaren Junker zu bekennen. Als er im Theater zu
Venedig (Septbr. 1841), das Bismarck auf der Hochzeitsreise
berührte, seiner ansichtig wurde, beschied er ihn für den folgenden
Tag zur Audienz und zog ihn zur Tafel, befahl ihm aber auch,
sich im Laufe des Winters bei ihm zu melden. Dadurch kam
Bismarck in persönliche Beziehungen zum Hohengollernschen
Hause, die für die Zukunft von größter Bedeutung werden sollten.
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