Full text: Wegweiser durch Bismarcks Gedanken und Erinnerungen. (3)

26 V. Die Revolution u. Friedrich Wilhelms IV. deutsche Bestrebungen. 
Tapferkeit seiner Soldaten des Sieges über den Aufruhr sicher 
war, ist er offenbar nicht gefaßt gewesen, und sehr sonderbar 
mußte es ihn, den königstreuen Mann, berühren, daß innerhalb 
der königlichen Familie selbst Pläne erwogen wurden, die die 
Abdankung des Königs und den Verzicht des Prinzen von Preußen 
auf die Krone zur Voraussetzung hatten: aus dem Munde der 
Prinzessin Augusta mußte er vernehmen, daß sie es für ihre 
wichtigste Pflicht halte, die Rechte ihres Sohnes zu wahren. 
Wie er diese Bestrebungen auffaßte, lehrt die schroffe Abweisung, 
die er der sondirenden Frage Georgs v. Vincke zu Theil werden 
ließ, ob die Rechte in der Kammer einen Antrag auf Herstellung 
einer Regentschaft der Prinzessin Augusta für ihren minder- 
jährigen Sohn unterstützen werde: er erklärte, einen Antrag 
dieses Inhalts mit dem Antrage auf gerichtliches Verfahren 
wegen Hochverrathes zu beantworten, und bewirkte dadurch, daß 
die Linke ihren Plan fallen ließ. Bismarck hat nie erfahren, 
ob, wie man ihm damals versicherte, der Prinz von Preußen 
mit den politischen Bestrebungen seiner Gemahlin einverstanden 
gewesen ist, ob die eventuelle Verzichtserklärung des Prinzen, 
auf die man sich damals berief, jemals existirt hat. Zwischen 
den Zeilen liest man den Zweifel. Um so höher ist die Ver- 
schwiegenheit zu ehren, die Bismarck über seine damaligen 
Erlebnisse seinem hohen Herrn gegenüber auch in späteren 
Zeiten bewahrt hat, als er in der Königin Augusta den 
Gegner erkennen mußte, „der seine Fähigkeit, zu vertreten, 
was er für seine Pflicht hielt, auf die schwerste Probe ge- 
stellt hat"“. 
Die politische Lage war an sich für Preußen bis zum 
19. März nicht ungünstig. Der König hatte den Aufstand 
niedergeschlagen. Wenn er ihn nicht wieder aufkommen ließ, 
so würde eine durch Preußen bewirkte haltbare Neuordnung 
Deutschlands nach Bismarcks Meinung bei dem Zaren Nikolaus 
keine Schwierigkeiten gefunden haben, da dessen politische Sym- 
pathien ursprünglich mehr nach Berlin als nach Wien gerichtet 
waren. Indem aber der König den Abzug der Truppen befahl 
und durch den Umritt in den Farben der Burschenschaft 
(21. März 1848) die Bestrebungen förmlich anerkannte, gegen die
	        
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