36 VI. Aus der Frankfurter Zeit.
Voraussetzungen einer solchen Zollgemeinschaft sagt, bedarf der
ernstesten Beachtung seitens der mit der Vorbereitung von
Handelsverträgen beauftragten Commission. Wir lesen da:
„Zu den nothwendigen Unterlagen einer Zollgemeinschaft gehört
ein gewisser Grad von Gleichartigkeit des Verbrauchs; schon
die Unterschiede der Interessen innerhalb des Deutschen Zoll-
vereins zwischen Nord und Süd, Ost und West sind schwer
und nur mit dem guten Willen zu überwinden, der der natio-
nalen Zusammengehörigkeit entspringt; zwischen Ungarn und
Galizien einerseits und dem Zollverein andererseits ist die
Verschiedenheit des Verbrauchs zollpflichtiger Waaren zu stark,
um eine Zollgemeinschaft durchführbar erscheinen zu lassen.
Der Vertheilungsmaßstab für die Zollverträge würde stets für
Deutschland nachtheilig bleiben, auch wenn die Ziffern es für
Oesterreich zu sein schienen. Letzteres lebt in Cis= und mehr
noch in Transleithanien vorwiegend von eigenen, nicht von
importirten Erzeugnissen.“ Die Zollgemeinschaft zwischen
Oesterreich und dem Deutschen Reich ist auch heutzutage noch
das letzte Ziel der österreichischen Handelspolitik und wird von
großdeutschen Schwärmern aus idealistischen Gründen empfohlen;
aber wir werden besser bewahrt bleiben, wenn wir dem Rathe des
nüchternen Realpolitikers folgen, dem der Caprivianische Handels-
vertrag immer als einer der schwersten Fehler unserer Epigonen-=
politik erschienen ist. Er hat dem Deutschen Reiche schon er-
kleckliche Millionen gekostet, unserer Industrie nicht die erhofften
Früchte, unserer Landwirthschaft aber schwere Nachtheile gebracht.
Der König betrachtete den Wiener Posten als die hohe
Schule der Diplomatie und wünschte, daß Herr v. Bismarck
sich in denselben hineinleben sollte in der Zeit, da er den er-
krankten Grafen v. Arnim-Heinrichsdorf dort vertrat. Aber
Bismarck hatte keine Lust dazu. Er würde, meinte er, das
Gefühl haben, an seine Gegner ausgeliefert zu sein. Der König
wieder wollte nicht befehlen, und so kehrte Bismarck nach
Frankfurt zurück. Durch ärgerliche Zuträgereien, die auf den
ränkesüchtigen Generalsteuerdirector Klentze in Hannover zurück-
zuführen waren, wurde er in Folge der Wiener Mission seinem
Minister verdächtig, was sich trotz der alsbald von ihm be-