Full text: Wegweiser durch Bismarcks Gedanken und Erinnerungen. (3)

38 VI. Aus der Frankfurter Zeit. 
lichen und privaten Papiere hatte, wirkt wie eine Illustration 
zu dem Satze der Treitschkeschen Politik, daß von allen körper- 
lichen Gebrechen die Blindheit das einzige sei, was die Re- 
gierungsfähigkeit ausschließe.) 
Der Ausbruch des Krimkrieges 1854 offenbarte einen am 
preußischen Hofe schon lange im Geheimen vorhandenen Gegensatz 
zwischen dem leitenden Minister Manteuffel und der auch „Wochen- 
blattspartei“ genannten Fraction Bethmann-Hollweg, die in dem 
Grafen Robert von der Goltz einen geschickten „Impresario“ 
gefunden hatte. Die scharfe Verurtheilung der Politik von 
Olmütz und die Schilderung ihrer Folgen, das war die erste 
Waffe, mit welcher Manteuffel von Goltz angegriffen, gleichzeitig 
aber auch der Partei die Sympathie des Prinzen gewonnen 
wurde. Denn in dem soldatischen Gefühle des Prinzen war 
Olmütz eine wunde Stelle, die bei der leisesten Berührung 
schmerzte. Der Krimkrieg schien die Möglichkeit zu bieten, die 
Scharte auszuwetzen, die durch die Olmützer Punctation in 
das preußische Schwert geschlagen war, und die Wochenblatts- 
partei drängte zu einer activen russenfeindlichen Politik. Anderer 
Meinung aber war Herr v. Manteuffel, anderer Herr von 
Bismarck. Der Erstere war der entschiedene Gegner jedes 
Bruchs mit Oesterreich und ging in seiner Gefälligkeit für 
Oesterreich, die nur immer neue Zumuthungen und Forderungen 
an den preußischen „Leporello“ zeitigte, soweit, daß Herr von 
Bismarck in Frankfurt sich der Beschämung und Erbitterung 
nicht erwehren konnte, wenn er sah, wie Preußen auf Commando 
Oesterreichs jede eigene Politik und jede selbständige Ansicht 
opferte und unter dem Drucke der Inferiorität, in Furcht vor 
Frankreich und in Demuth vor England, im Schlepptau Oester- 
reichs Schutz suchte: das Schutz= und Trutzbündniß zwischen 
Preußen und Oesterreich vom 20. April 1854, das Preußen 
unter gewissen Voraussetzungen zur Theilnahme am Kriege als 
Bundesgenosse Oesterreichs verpflichtete, war der Triumph der 
Bestrebungen, die preußischen Kräfte den politischen Wünschen 
des Hauses Habsburg dienstbar zu machen. Der Letztere dagegen 
i) Politik II, 153.
	        
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