Full text: Wegweiser durch Bismarcks Gedanken und Erinnerungen. (3)

40 VI. Aus der Frankfurter Zeit. 
oder auch nur das Opfer seiner guten Beziehungen zu Ruß- 
land rechtfertigen könnte; „im Gegentheil, jeder siegreiche Krieg 
gegen Rußland unter unserer nachbarlichen Betheiligung be- 
ladet uns nicht nur mit dem dauernden Revanchegefühl Ruß- 
lands, das wir ohne eignen Kriegsgrund angefallen, sondern 
zugleich mit der sehr bedenklichen Aufgabe, die polnische Frage 
in einer für Preußen erträglichen Form zu lösen.“ 
Die Westmächte und das mit ihnen verbündete Oesterreich 
gaben ihren Aerger über Preußens Haltung im Krimkriege, 
die, einzelne Schwankungen abgerechnet, russenfreundlich blieb, 
dadurch kund, daß sie Preußen von den Pariser Conferenzen 
von 1856 ausschlossen und ihm nur gestatteten, den von den 
Theilnehmern gefaßten Beschlüssen seine Unterschrift beizufügen. 
Bismarck hat die damalige Politik des Ministeriums Manteuffel 
immer als eine unglückselige, als eine Art von Canossa be- 
zeichnet, für das er niemals die Verantwortung hätte über- 
nehmen mögen. Wie gewaltig ihm der Zorn über die Selbst- 
erniedrigung Manteuffels, der um die Zulassung zu dem Con- 
gresse bettelte, statt durch stolze Zurückhaltung den Mächten das 
Spiel zu verderben und Preußen die Hand für künftige An- 
fechtung der ohne seine Mitwirkung geschlossenen Verträge frei 
zu halten, die Nerven erregte, lehrt mehr noch als die amt- 
liche Correspondenz der private Brief an Leopold v. Gerlach vom 
11. Februar 1856: die ersten 24 Stunden nach Empfang der 
„Chamade schlagenden Instruction", durch welche Preußen seine 
„Abdication“ erklärte, litt er unter fortwährenden Anfällen 
gallichten Erbrechens und einem beständigen Fieber. Nur in 
der Erinnerung an den Frühling 1848 fand er das „Analogon“ 
seiner körperlichen und geistigen Stimmung, und nirgends ent- 
deckte er etwas, woran sein preußisches Ehrgefühl sich auf- 
richten konnte. Er wußte, daß hinter dem von England ge- 
stellten Antrage auf Ausschluß Preußens Oesterreich stand, daß 
Oesterreich die vorläufige Anerkennung der Präliminarien durch 
Preußen und den Bund nur darum so eifrig betrieb, um auf 
dem Congreß als alleinige Schutzmacht Deutschlands die 
deutschen Interessen zu vertreten, soweit sie mit den öster- 
reichischen zusammenfielen; aber er forderte vergebens seine
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.