80 X. Convention. Preßverordnung. Fürstentag. Ludwig II.
das Vorgehen seines Sohnes tief gekränkt und erwog Maß-
regeln, „die an Friedrich Wilhelm I. und Küstrin erinnerten.“
Bismarck dagegen verstand es, die väterliche Entrüstung durch
die Staatsraison zu besänftigen, daß in dem vorliegenden
Kampfe zwischen Königthum und Parlament ein Zwiespalt
innerhalb des königlichen Hauses abgestumpft, ignorirt und
todtgeschwiegen werden müsse. Er erreichte dadurch, daß der
König dem Sohne die erbetene Verzeihung gewährte, sein
Gesuch um Entlassung aus allen seinen Aemtern mit Still-
schweigen überging und ihm für die Zukunft die öffentliche
Kundgabe seiner persönlichen Meinung in Staatsangelegen-
heiten untersagte. Der häusliche Streit schien beigelegt, da
brachten die „Times“ Mittheilungen aus dem Briefwechsel
zwischen Vater und Sohn, die den Verdacht eines groben
Vertrauensbruchs nahelegten. Fürst Bismarck ist der Ueber-
zeugung, daß der Kronprinz ihm persönlich durchaus fernstand;
er weist aber auch mit der Ruhe des guten Gewissens den in
einem Briefe des Kronprinzen an Duncker geäußerten Verdacht
zurück, daß „man sich Bismarckscher Seits in Besitz von Ab-
schriften des Briefwechsels zwischen ihm und dem Könige
gesetzt habe“, und bringt Beweise für die Wahrscheinlichkeit
vor, daß der zur Umgebung der Königin Augusta gehörende
Legationsrath Meyer der Vermittler des „Times“-Artikels
gewesen sei.
Außerhalb der Einflüsse, die im eigenen Hause auf ihn
wirkten und ihm seinen Kampf gegen das Ministerium Bis-
marck unter dem Gesichtspunkte eines Kampfes für die Rechte
seiner Kinder erscheinen ließen, zeigte sich der Kronprinz den
Gründen Bismarcks nicht unzugänglich; aber die Reue hielt
nicht vor, und auf die freundliche Aussprache in Gastein
(Aug. 1863) folgte die briefliche Absage vom 3. September
und die scharfe mündliche Auseinandersetzung, in der Bismarck
dem Kronprinzen zu verstehen gab, daß er zwar der treue
Diener seines Vaters sei, nie aber der Minister des Sohnes
sein werde, diesem jedoch wünsche, daß er jeder Zeit so treue
Diener finden möge, als er für seinen Vater gewesen sei.
Die in den „Gedanken und Erinnerungen“ zum ersten Male