Full text: Wegweiser durch Bismarcks Gedanken und Erinnerungen. (3)

Protest des Kronprinzen. Oesterreichische Machtbestrebungen. 81 
veröffentlichten Randbemerkungen zu einer Denkschrift des 
Kronprinzen, in welcher er, unter gleichzeitiger Rechtfertigung 
seines Danziger Verhaltens, die Erlaubniß erbat, von den 
Sitzungen des Staatsministeriums fortan fern zu bleiben, 
enthalten eine überaus werthvolle Beleuchtung der staatsrechtlich 
wichtigen Frage über das Maß der dem Thronfolger zustehen- 
den Rechte und seiner Gehorsamspflicht gegenüber dem regieren- 
den Haupte. 
In engem Zusammenhange mit den parlamentarischen 
Streitigkeiten, die in Preußen die öffentliche Meinung ganz 
gefangen nahmen und darum im Auslande als Vorboten 
einer nahen Revolution betrachtet wurden, steht ein Versuch 
Oesterreichs, die Führung in Deutschland zu gewinnen (17. Capitel: 
Der Frankfurter Fürstentag). Bismarck hatte den Gedanken 
an einen friedlichen Dualismus, der die Leitung Deutschlands 
zu gleichem Rechte in die Hände der beiden Großmächte gelegt 
hätte, noch nicht ganz aufgegeben, als er Minister wurde, so 
wenig ermuthigend seine Frankfurter Erfahrungen in dieser 
Hinsicht für ihn waren. Er hatte seine Bereitwilligkeit, mit 
Oesterreich zu besseren Beziehungen auf dem Fuße der Gleich- 
berechtigung zu gelangen, dem Grafen Karolyi noch am 
4. December 1862 in offener Aussprache entwickelt, fand aber 
auf Seiten Oesterreichs kein Entgegenkommen. Hier wurde 
1863 die Schwarzenbergsche Politik in neuer Drapirung auf- 
genommen: das Siebzig-Millionenreich sollte hergestellt werden 
unter österreichischer Führung und unter Zurückdrängung 
Preußens auf den Stand eines deutschen Mittelstaates. In 
Wien hatte man seit Olmütz und Dresden und dem Ueber- 
gewicht Schwarzenbergs eine irrige Ansicht gewonnen: man 
hatte sich gewöhnt, Preußen für schwach und namentlich für 
furchtsam zu halten, und dachte nicht daran, daß der Ueber- 
gang der Regierung von Friedrich Wilhelm IV. auf Wilhelm I. 
auch einen Wechsel der politischen Anschauungen bedeutete. 
Gewiß, auch König Wilhelm trennte sich nicht leicht von den 
väterlichen Ueberlieferungen, die das Zusammengehen mit 
Oesterreich empfahlen, „aber wenn er einmal unter der Leitung 
seines Ehrgefühls, dessen Empfindlichkeit ebenso in dem preußischen 
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Kohl, Wegweiser.
	        
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