— 227 —
106.
Freiherr v. Rosenberg an Bismarck.
Euer Hochwohlgeboren wollte ich mir ganz ergebenst ge-
statten, den Ueberbringer dieser Zeilen, Reg.-Assessor von Gund-
lach, der unserer Mission in Carlsruhe beigegeben ist, aufs
angelegentlichste zu empfehlen. Sie werden, verehrtester Herr
v. Bismarck, in der Angelegenheit, über die ich Ihnen in meinem
letzten Briefe zu sprechen wagte'), vielleicht schon etwas gethan
haben. Der Prinz wird natürlich wünschen, das Weihnachtsfest
in dem Kreise der Seinigen zuzubringen, indeß wäre es doch
gut, wenn Er Gelegenheit fände, bald darauf hieher zu kommen,
da die hiesigen Verhältnisse gewiß bald recht ernst und ver-
wickelt werden. Der Vertrag vom 2. Dezember ist zur puren
Annahme für uns schon aus dem Grunde unannehmbar, als
er mehrere Dinge enthält, wie den Notenaustausch vom August
und die Durchmarschverhältnisse in den Donaufürstenthümern,
die uns nicht berühren, oder von denen es vielmehr besser ist,
sich fern zu halten. Auch hat der König überhaupt wenig
Neigung, einen Vertrag einzugehn, selbst wenn er eine ganz
andere Fassung erhielte. Dagegen scheint Manteuffel der Ansicht
zu sein, daß man jetzt den Westmächten sich nähern müßte,
weil es später nicht so ehrenvoll, vielleicht nur gezwungen ge-
schehen wird, weil es jetzt im Interesse des Friedens noch am
vortheilhaftesten ist, und weil wir endlich, wenn wir die
bindende Form den Contrahenten vom 2. Dezember zuge-
stehen, in der Sache vielleicht weniger umfassende Concessionen
werden zu machen brauchen. Indeß sehe ich voraus, daß wir
uns auf einen Notenaustausch beschränken werden. Die Oest-
reicher werden wohl nächstens die incarnirtesten Alliirten der
Westmächte sein. Die Illusion, Oestreich von dieser verhäng-
*) S. o. No. 104 S. 23 ff.
1854
12. 12.