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301.
Kronprinz Friedrich Wilhelm an Bismarck.
12. Mai 1876.
Nach reiflicher Ueberlegung des mit Ihnen geführten Ge= 1876
sprächs am 10. d. Mts. Abends, kann ich den Gedanken, Fried= 12.5.
berg das in Aussicht stehende Reichs-Sekretariat für Justiz-
Angelegenheiten zu übertragen, nicht lebhaft genug empfehlen.
Sollte, wie Sie es vermuthen, der Kaiser die bekannten
Bedenken gegen Friedberg erheben, so möchte ich Sie auf eine,
gewiß ins Gewicht fallende Thatsache aufmerksam machen, daß
er es nämlich gerade war, welcher seiner Zeit mir dringend
abrieth, meine von den Regierungs-Maßregeln abweichenden
politischen Ansichten bekannt werden zu lassen, während S. Maje-
stät umgekehrt Friedberg für den Rathgeber in jenem Sinn
zu betrachten scheint.
Ich stelle Ihnen anheim, von dieser Mittheilung S. Maje-
stät gegenüber jeden Ihnen etwa geeignet oder wünschenswerth
erscheinenden Gebrauch zu machen.
Bülow sprach ich heute nach dem Diner, nachdem schon
Fürst Gortschacow mir Mittheilungen über den Stand der
Verhandlungen gemacht hatte. Wenn Ersterer mich von dem
weiteren Gange der Angelegenheiten unterrichten könnte ), wäre
sehr dankbar
Ihr
sehr ergebener
Friedrich Wilhelm KPz.
Randbemerkung Bismarcks:
1) siat.