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im Hintergrunde, sich von der Russischen Präponderanz frei 1851
zu machen, welche in Wien um so unangenehmer empfunden 28.12.
wird, als wir jetzt sehr gut mit St. Petersburg stehen. Auch
läßt sich nicht verkennen, daß Louis Napoleon, der vermöge
seiner Entstehung auf eine aventureuse Politik hingewiesen,
und Fürst Schwarzenberg, der ihr durch Verhältnisse und Ge-
schmack auch nicht abgeneigt ist, gemeinschaftlich eine formidable
Macht auf die Beine bringen können, welche noch durch süd-
deutsche und sächsische Truppen verstärkt werden dürfte und
welche eines schönen Tags überraschend schnell und bevor viel
von Russischen Soldaten die Rede sein möchte, auf dem Theater
erscheinen könnte. Ich weiß, daß Meyendorff') der Entwickelung
dieser Dinge mit aufmerksamem und sehr bedenklichem Blicke
folgt. Unsere Stellung zu Rußland und England ist eine genau
angewiesene. Palmerstons Rücktritt"“) ebnet die Wege; allein
es sind dabei noch manche Schwierigkeiten. Der König möchte
wegen Neuenburg gar zu gern gemeinschaftliche Sache machen.
Auch unsere Kammer-Wirthschaft ist recht störend; man kann
doch wegen solcher politischen Möglichkeiten den Kammern nicht
eine Stellung anweisen, die man ihnen bisher bestritten hat,
und die ihnen in der That nicht zukommt, und wenn man es
wollte, so hätte man damit doch noch nichts gewonnen, denn
sie sind weder eine Macht, noch werden sie in Momenten kri-
tischer Entscheidungen eigentliche Kraft gewähren.
Ueber alle diese Dinge möchte ich gern mit Ew. Hochwohl-
geboren ausführlich sprechen, und bitte Sie daher recht sehr
zur Wieder-Eröffnung der Sitzungen, etwa zum 5e# Januar
(an welchem Tage die Präsidenten-Wahl stattfindet) oder wenig-
stens bald nachher nach Berlin in Ihr zu Ihrem Empfange bereit-
*) Russischer Gesandter in Wien.
*“) Infolge seiner voreiligen Billigung des bonapartistischen Staats-
streichs hatte P. das Ministerium des Auswärtigen niederlegen müsssen.