Neunundzwanzigstes Kapitel.
Der Dreibund.
1.
Der Dreibund, den ich ursprünglich nach dem Frankfurter
Frieden zu erreichen suchte und über den ich schon im Sep-
tember 1870 von Meaux aus in Wien und Petersburg sondirt
hatte 1), war ein Bund der drei Kaiser mit dem Hintergedanken
des Beitritts des monarchischen Italiens und gerichtet auf den,
wie ich befürchtete, in irgend einer Form bevorstehenden Kampf
zwischen den beiden europäischen Richtungen, die Napoleon die
republikanische und die kosakische genannt hat und die ich nach
heutigen Begriffen bezeichnen möchte einerseits als das System
der Ordnung auf monarchischer Grundlage, andrerseits als die
sociale Republik, auf deren Niveau die antimonarchische Ent-
wicklung langsam oder sprungweise hinabzusinken pflegt, bis die
Unerträglichkeit der dadurch geschaffnen Zustände die enttäuschte
Bevölkerung für gewaltsame Rückkehr zu monarchischen In-
stitutionen in cäsarischer Form empfänglich macht. Diesem
circulus vitiosus?) zu entgehn oder das Eintreten in ihn der
gegenwärtigen Generation oder ihren Kindern womöglich zu
ersparen, halte ich für eine Aufgabe, die den noch lebenskräf-
tigen Monarchien näher liegen sollte als die Rivalität um den
Einfluß auf die nationalen Fragmente, welche die Balkanhalb-=
insel bevölkern. Wenn die monarchischen Regirungen für das
Bedürfniß des Zusammenhaltens im Interesse staatlicher und
gesellschaftlicher Ordnung kein Verständniß haben, sondern sich
1) Die betreffenden Schreiben sind noch nicht veröffentlicht.
!) Fehlerhafter Kreislauf, Trugschluß.