Full text: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Dritter Band. (3)

Wiberrathen eines weiteren Besuches in Rußzland. 85 
  
immer dasselbe Vertrauen wie zu deren Untergebnen, und 
Graf Hatzfeldt als nützlicher und fügsamer Diplomat genoß 
unter Umständen mehr Vertrauen als sein Vorgesetzter. Er 
konnte also leicht bei Begegnungen in Berlin oder London die 
Frage an Se. Majestät richten, ob und welchen Eindruck diese 
aufsälligen und wichtigen Meldungen dem Kaiser gemacht 
hätten; und wenn sich dann ergab, daß ich sie unbenutzt zu den 
Acten gelegt hatte — was mir das liebste gewesen wäre —, 
so würde der Kaiser mir in Gedanken oder in Worten 
vorgeworfen haben, daß ich im russischen Interesse ihm 
Depeschen verheimlicht hätte, wie das ja einen Tag später 
bezüglich militärischer Berichte eines Consuls der Fall war. 
Außerdem siel mein Wunsch, den Kaiser zum Verzicht auf den 
zweiten Besuch in Petersburg zu bewegen, gegen das voll- 
ständige Verschweigen der Hatzfeldt'schen Angaben ins Gewicht. 
Ich hatte gehofft, der Kaiser werde meiner bestimmten Wei- 
gerung, ihm die Anlagen des Hatzfeldt'schen Berichts mit- 
zutheilen, Gehör schenken, wie sein Vater und sein Großvater 
ohne Zweifel gethan haben würden, und hatte mich deshalb 
auf die Umschreibung dieser Anlagen beschränkt mit der An- 
deutung, daß aus denselben hervorginge, dem Zaren sei der 
kaiserliche Besuch nicht willkommen, sein Unterbleiben werde 
ihm lieber sein. Der Wortlaut, dessen Lesung der Kaiser sich 
mit eigner Hand ermöglichte, hat ihn ohne Zweifel schwer ge- 
kränkt und war dazu angethan. 
Er erhob sich und reichte mir kühler wie sonst die Hand, in 
welcher er den Helm hielt. Ich begleitete ihn bis an die 
Freitreppe vor der Hausthür. Im Begriff, unter den Augen 
der Dienerschaft in den Wagen zu steigen, sprang er die 
Stufen wieder hinauf und schüttelte mir mit Lebhaftigkeit die 
Hand. 
Wenn schon die ganze Art des kaiserlichen Verhaltens mir 
gegenüber nur den Eindruck machen konnte, daß Se. Majestät
	        
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