Full text: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Dritter Band. (3)

86 Achtes Kapitel: Meine Entlassung. 
  
mir den Dienst verleiden und meine Verstimmung bis zum 
Abschiedsgesuche steigern wollte, so glaube ich, daß die be— 
rechtigte Empfindlichkeit über die Beleidigungen, welche Graf 
Hatzfeldt, gleichviel aus welchen Gründen, eingesandt hatte, den 
Kaiser mir gegenüber in dieser Taktik augenblicklich belebte. 
Auch selbst wenn die Aenderung des Kaisers in seiner Form 
und Rücksicht mir gegenüber nicht den Zweck gehabt haben 
sollte, der mir gelegentlich suppeditirt worden war, nämlich 
festzustellen, wie lange meine Nerven hielten, so liegt es doch 
in der monarchischen Tradition, die Kränkung, welche eine Bot- 
schaft für den König enthalten kann, den Träger oder Ueber- 
bringer derselben zunächst entgelten zu lassen. Die Geschichte 
der alten und der neuen Zeit führt Beispiele an von Boten, 
die Opfer königlichen Zorns wegen des Inhalts einer Botschaft 
wurden, die sie nicht verfaßt hatten. 
Im Verlaufe des Vortrages erklärte der Kaiser ganz un- 
vermittelt, er wolle eine Auflösung des Reichstags jedenfalls 
vermeiden und deshalb die Militärforderungen auf das Maß 
herabsetzen, welches mit Sicherheit eine Majorität finden werde. 
Meine Audienz und mein Vortrag ließen mir hiernach den 
Eindruck, daß der Kaiser mich los sein wolle, daß er seine 
Absicht geändert habe, mit mir die ersten Verhandlungen mit 
dem neuen Reichstage noch durchzumachen und die Frage 
unfrer Trennung erst im Anfange des Sommers, nachdem 
man sich klar sei, ob eine Auflösung des neuen Reichstags 
nöthig sei oder nicht, zur Entscheidung zu bringen. Ich denke 
mir, daß der Kaiser diese am 25. Februar getroffne quasi 
Abrede zwischen uns nicht zurücknehmen wollte, sondern nun 
versuchte, mich durch ungnädige Behandlung zu dem Gesuche 
um meinen Abschied zu bringen. Indessen ließ ich mich nicht 
in meinem Entschlusse irre machen, mein persönliches Empfinden 
dem Dienstinteresse unterzuordnen. 
Ich fragte bei Abschluß des Vortrages, ob Se. Majestät
	        
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