Full text: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Dritter Band. (3)

Weiterer Kanipf um die Cabinetsordre von 1852. 87 
  
dabei beharrte, mir die ausdrückliche Zurücknahme der Ordre 
von 1852, auf welcher die Stellung des Ministerpräsidenten 
beruhte, zu befehlen. Die Antwort war ein kurzes Ja. Ich 
saßte darauf noch nicht den Entschluß zum sofortigen Rücktritt, 
sondern nahm mir vor, den Befsehl, wie man sagt, „in's 
Sonntagsfach“ zu nehmen und abzuwarten, ob die Ausführung 
monirt wurde, dann eine schriftliche Ordre zu erbitten und 
diese im Staatsministerium zum Vortrage zu bringen. Ich 
war also auch damals noch überzeugt, daß ich nicht die Initia- 
tive und damit die Verantwortlichkeit für mein Ausscheiden zu 
übernehmen habe. 
Am folgenden Tage, während die englischen Conferenz- 
Delegirten bei mir zu Tische waren, erschien der Chef des 
Militärcabinets General von Hahnke und besprach des Kaisers 
Forderung, die fragliche Ordre zu cassiren. Ich erklärte das 
aus den oben angegebenen sachlichen Gründen für geschäftlich 
unthunlich. Ein Ministerpräsidium ließe sich ohne die ihm 
durch die Ordre zugesprochene Besugniß nicht führen; wolle 
Se. Majestät die Ordre cassiren, so müsse mit dem Titel 
„Präsident des Staatsministeriums“ dasselbe geschehen, wo- 
gegen ich dann nichts hätte. General von Hahnke verließ mich 
mit der Aeußerung, die Sache werde sich sicher vermitteln 
lassen, was er übernahm. (Die Ordre ist auch nach meiner 
Entlassung nicht ausgehoben worden ½). 
K) In der Sitzung des preußischen Landtages vom 28. April 1892 
hat Graf Eulenburg nach den vorliegenden Berichten über die Stellung 
des Ministerpräsidenten folgendes erklärt: „Daß die Aufgabe des 
preußischen Ministerpräsidenten nicht blos darin besteht, die Verhand- 
lungen zu leiten und die Stimmen zu zählen, glaube ich, bedarf keines 
Beweises; es ist die Aufgabe des Vorsitzenden des preußischen Staats- 
ministeriums, für einen gleichmäßigen und in gleicher Richtung sich be- 
wegenden Gang der Staatsgeschäfte zu sorgen und das Gesammt- 
ministerium, wo es nöthig ist, zu repräsentiren. Ich glaube also, daß 
die von jener Seite geäußerte Meinung, daß sein Antheil sehr un-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.