Schuwalow. Graf Bismarck's Rücktritt und Nachfolge. 107
wollen, versprach jedoch seinen definitiven Entschluß nicht eher
zu fassen, als bis er den Kaiser gesprochen habe.
Am 27. Morgens besuchte der Kaiser meinen Sohn, sprach
unter wiederholter Umarmung die Hoffnung aus, ihn bald er-
holt und wieder im Dienste zu sehen, und fragte, wie es mit
Alvensleben stände. Nachdem mein Sohn referirt und Se.
Majestät Verwunderung ausgesprochen, daß Alvensleben sich
noch nicht gemeldet, ließ er diesen sofort zu 12½ Uhr in's
Schloß bestellen.
Mein Sohn begab sich zu Caprivi, machte ihm Mittheilung
über Alvensleben's Verhalten und dessen Citation zu Er.
Majestät und rekapitulirte die Gründe, durch welche er auf
Alvensleben zu wirken gesucht. Darauf hat Caprivi sich etwa
so ausgesprochen:
Das sei jetzt Alles zu spät. Er habe gestern Sr. Moajestät
vorgetragen, daß Alvensleben nicht wolle, und darauf die Er-
mächtigung erhalten, zu Marschall zu gehen. Dieser habe sich
sofort bereit erklärt mit dem Zusatz, daß er schon die Zustim-
mung seines Großherzogs zum Uebertritt in den Reichsdienst
habe, seine offizielle Anfrage in Karlsruhe also nur eine Zorm-
sache sei. Wenn Alvensleben nun doch noch annehme, würde
ihm, Caprivi, nichts übrig bleiben als seinen Abschied zu er-
bitten. Er sei auf 123¾4 Uhr zum Vortrage bestellt und werde
dabei Se. Moajestät an den gestrigen Auftrag für Marschall
erinnern.
Alvensleben, der unmittelbar vor Caprivi im Schlosse emp-
fangen wurde, war auch von dem Kaiser nicht zu überreden
gewesen; als der Letztere dies mit dem Ausdruck seines Bedauerns
Caprivi mittheilte, erwiderte dieser, das sei sehr glücklich und
bewahre ihn vor einer großen Verlegenheit, denn er habe
schon mit Marschall abgeschlossen; der Kaiser erklärte kurz:
„Nun gut, so wird es Marschall.“ Caprivi hatte also das
Resultat der Unterredung meines Sohnes mit Alvensleben