Rückblick. 113
Ausscheiden nicht selbst übernehmen zu können, sondern ab—
warten zu müssen, ob Se. Majestät die Initiative dazu er—
greisen würde. An diesem Pflichtgefühl hielt ich auch dann
fest, als das Verhalten des Kaisers mich zu der directen Frage
veranlaßte, ob „ich Sr. Majestät im Wege sei“. In der Gegen-
rede, daß ich die neuen Militärvorlagen, die „Verdy'schen"“,
doch noch vertreten müsse, erkannte ich eine Bejahung meiner
Frage und deutete die Möglichkeit an, mich dann zunächst als
Ministerpräsident zu ersetzen und als Kanzler zu belassen; ich
glaubte damals mit Sr. Majestät über mein Verbleiben in der
Kanzlerstellung noch einig zu sein, indem die Intentionen des
Königs, für die ich nicht glaubte vorantwortlich mitarbeiten zu
können, zunächst das Ressort des preußischen Ministerpräsidenten.
und des Handelsministers berührten. Letztres hatte ich sofort
nachdem Se. Majestät sich für die Haltung des Oberpräsidenten
von Berlepsch entschieden hatte, niedergelegt und Herrn von
Berlepsch zum Nachfolger empfohlen. In dieser Sachlage nahm
ich an, daß an der Spitze der Geschäfte kein Mann wie
Boetticher, sondern ein General mit dem Ehrgefühl des preu-
ßischen Offiziercorps nothwendig sein werde. Ich war nicht
ohne Sorge, daß des Kaisers Wahl nach dem Einflusse, wel-
chen nach seiner eignen Erklärung in der Conseilsitzung vom
24. Januar außeramtlich Leute wie Hinzpeter, Douglas, Maler
Heyden und Berlepsch und, im Amte, Boetticher auf ihn ge-
wonnen hatten, von dem Glauben bestimmt werden könnte,
daß sich die revolutionären Gefahren auf dem Wege der
Popularität bekämpfen ließen. Es beunruhigte mich die Nei-
gung des Kaisers, seine Feinde durch Liebenswürdigkeiten zu
gewinnen, anstatt seinen Freunden Muth und Vertrauen ein-
zuflössen. Auch die in meiner Abwesenheit geltend gemachte
abschwächende Kritik meiner Politik von badischer Seite her
verschärfte meine Besorgniß vor concessionsberciten civilisti-
schen Rathgebern, vor Nachfolgern ohne politisches Chrgefühl
Otto Fürst von Bismarck, Fedanken und Erinnerungen. III.