Verfassungsmäßige Stellung des preußischen Königs. 119
über sachlich, nicht monarchisch discutirt. Auch wenn Letzteres
der Fall ist, müßte er jedoch immer das Bedürfniß haben und
würde er schon durch seinen preußischen Verfassungseid ge-
nöthigt sein, bevor er Entschließungen faßt, den Rath derjenigen
Minister zu hören und zu erwägen, welchen die verfassungs-
mäßige Verantwortlichkeit obliegt. Geschieht das nicht und
findet der einsache Befehl des Königs von Preußen bei seinen
Ministern einen schweigenden und stellenklebenden Gehorsam,
der sich auf die preußische Stimme im Bundesrathe überträgt,
nimmt mit andern Worten der König von Preußen in seinem
Staatsministerium die Stellung der französischen Könige im
lit de justice (hoc volo, sic jubeo) und findet er dann Minister,
welche die ihnen damit bleibende Stellung von Cabinets-
secretären annehmen, dann tritt das Königthum in einer Un-
gedecktheit der Kritik der Parlamente und der Presse gegen-
über, auf welche unfre heutigen Einrichtungen nicht passen.
Die Minister sind dann berechtigt, dem Parlamente gegenüber
den Umstand geltend zu machen, daß der König, in Preußen
also das berechtigte Drittel der gesetzgebenden Gewalt, hinter
ihnen steht, aber doch nicht, wie es seit meinem Rücktritte vor-
gekommen ist, von der Rechtfertigung ihrer eignen Ueberzeugung
sich vermittelst des Argumentes zu entbinden, daß der König
die Sache befohlen habe. Das Gewicht der persönlichen Ansicht
desselben kann von einem Minister wohl zur Empfehlung
dessen, was er vertritt, aber niemals zur Deckung seiner eignen
Verantwortlichkeit für das Vertretene angeführt werden. Der
Mißbrauch in letzterer Richtung führt dazu, die Verantwort-
lichkeit, welche die Minister treffen soll, zu verflüchtigen und
auf den im Parlamente nicht anwesenden Monarchen zu
übertragen.
Ein Minister würde in dem preußischen Abgeordnetenhause
berechtigt sein, zu sagen, daß irgend ein Antrag in dem Herren-
hause nicht durchgehn werde und deshalb im Interesse der Ver-