Brief des Kronprinzen über einen Krieg mit Rußland. 139
ein Theil dieser Bundesgenossen romanischen Stammes und
mit Regirungsmechanismen versehn ist, deren absolute Sicherheit
nicht so garantirt ist wie bei uns. Daher auf eine längere
Bundesgenossenschaft wohl kaum zu rechnen sein dürfte, und
der Krieg, zu dessen Abwehr respective Führung sie mithelfen
sollen, besser früher als später geführt werden 3) muß.
Unsere Feinde werden es an Versuchen aller Art sicher
nicht sehlen lassen, uns zu isoliren, die Bundesgenossen uns
abwendig zu machen; jeder von uns begangene Fehler, jede
Blöße, die sich die deutsche Politik giebt, wird solchen Be-
strebungen Vorschub leisten. Zu solchen Fehlern müßte ich
irgend eine Protegirung des Battenbergers?) rechnen; Oest-
reich 10) würde in derselben eine Verletzung seiner speciellen
Interessen finden, und Rußland würde die Genugthuung haben,
uns von unfrem besten Bundesgenossen getrennt zu sehn; auch
wissen, daß ein Krieg, der wegen des Battenbergers entstünde,
für Deutschland kein volksthümlicher sein kann, bei dem der so
nothwendige furor Teutonicus gänzlich fehlen würde.
Rußland würde mit Leichtigkeit Verhältnisse dann zu schaffen
vermögen, die den Krieg zur Folge haben müßten; die öffent-
liche Meinung wird aber sicherlich Deutschland als Urheber
desselben bezeichnen. Ich gebe zu, daß die Beschleunigung der
Kriegsgefahr damit erreicht wäre, doch um welchen Preis?
Sie zu erstreben liegt mir 11) völlig fern. Da der Krieg gegen
Westen fortgesetzt in Sicht war und dementsprechend mili-
tärische Vorbereitungen getroffen wurden, derselbe auch, wie
Ew. hervorheben, im Westen in jeder Hinsicht mehr Vor-
theile 1:) verspricht wie der im OÖsten, so würden die mili-
tärischen Autoritäten der Politik besonders dankbar sein
müssen, welche, sobald der Krieg als unvermeidlich erkannt ist,
die Führung desselben 15) im Westen wirtlich sicherzustellen im
Stande wäre.
Aber auch ich bin der Ansicht, daß wir den Krieg nach