144 Zehntes Kapitel: Kaiser Wilhelm II.
günstig, die Sache daher nicht zu hintertreiben. Die Franzosen
würden die russischen Papiere nehmen, welche bei uns abge-
stoßen würden, das Geschäft würde in Paris gemacht. Se.
Majestät bestand darauf, es müsse in der deutschen Presse
gegen diese russische Finanzoperation geschrieben werden, er
habe sich einen Rath des Auswärtigen Amts bestellt, um ihn
entsprechend anzuweisen. Mein Sohn sagte, wenn es ihm
nicht gelungen sei, Se. Majestät von der Sachlage zu unter-
richten, so bitte er, sich von dem Finanzminister Vortrag halten
zu lassen; offiziöse Artikel könnten in dem Sinne nicht ge-
schrieben werden, ohne den Reichskanzler zu hören, weil sie
die Gesammtpolitik beeinflussen würden. Se. Moajestät bestimmte
darauf, mein Sohn solle mir eindringlich schreiben, er wünsche
eine Preßcampagne gegen die russische Finangoperation, und
ließ dem Vertreter des gerade abwesenden Finanzministers
durch einen Adjutanten sagen, das Aeltesten-Collegium der
Börse müsse angewiesen werden, die Anleihe zu inhibiren.
Ich selbst erhielt einige Monate später eine Probe von der
Stimmung Sr. Majestät durch einen Vorgang, der Seite 49
nicht zu übergehn war und behufs Festhaltung des Zusammen-
hanges hier zu wiederholen ist. Als der Besuch des Zaren im
October 1889 in Berlin zum Abschluß gekommen war und ich mit
dem Kaiser von dem Lehrter Bahnhofe, wohin wir den nach
Ludwigslust abreisenden Zaren begleitet hatten, zurückfuhr, er-
zählte er, er habe in Hubertusstock sich auf den Bock des
Pürschwagens gesetzt, dem Gaste das ganze Jagdvergnügen
überlassend, und schloß mit den Worten: „Nun loben Sie mich
doch!“ Nachdem ich dieser Aufforderung genügt hatte, fuhr
er sort, er habe mehr gethan, er habe sich bei dem russischen
Kaiser auf längeren Besuch angemeldet, den er zum Theil in
Spala mit ihm zuzubringen gedenke. Ich erlaubte mir Zweifel,
ob es dem Kaiser Alexander willkommen sein werde: derselbe
liebe Ruhe, Zurückgezogenheit und das Leben mit Frau und