Protokoll der Ministersitzung vom 17. März 1890. 105
Präsidenten des Staatsministeriums, der dieser Stellung gerecht
werden wolle, unerläßlich sei. Er wisse nicht, von welcher
Seite Kenmniß dieses Vorgangs an die Allerhöchste Stelle
gelangt sei, aber Se. Majestät der Kaiser habe ihm befohlen, daß
die gedachte Ordre, durch welche die Minister gehindert würden,
Immediatvorträge zu halten, außer Kraft gesetzt 1) werde. Er
habe erklärt, die Herren Minister seien dadurch nicht behindert,
es folge höchstens daraus, daß er bei den Vorträgen zugegen
sei; Sr. Majestät stehe es dann immer frei, auch gegen den
Minister-Präsidenten für den Ressort-Minister sich zu entscheiden.
Die Ordre sei nothwendig, und das könne er am wenigsten
jetzt verleugnen, nachdem er soeben an dieselbe erinnert habe.
Diese Meinungsverschiedenheit für sich allein würde ihn
zum Rücktritt nicht bewogen haben, noch weniger die wegen
der Arbeiterfrage bestehende. Auf diesem Gebiet habe er redlich
das Seinige zu dem Erfolge der kaiserlichen Initiative bei-
getragen und durch diplomatische Befürwortung und durch Auf-
nahme der internationalen Conferenz in seine Diensträume be-
kundet, daß er die Arbeit derselben fördere.
Ein serneres Zeichen mangelnden Vertrauens habe Se.
Majestät der Kaiser ihm durch den Vorhalt gegeben, daß er,
ohne Allerhöchste Erlaubniß, den Abgeordneten Windthorst nicht
habe empfangen sollen. Alle Abgeordnete empfange er grund-
sätztich, und nachdem Windthorst darum nachgesucht, habe er
auch dessen Besuch angenommen, mit dem Ersolge, daß er über
die Absichten desselben nun vollständig unterrichtet sei. Er könne
sich einer Allerhöchsten Controlle über seinen persönlichen Ver-
kehr in und außer Dienst nicht unterwerfen.
In seinem Entschluß zum Rücktritt aus allen seinen Aemtern
sei er bestärkt, nachdem er sich heute überzeugt, daß er auch
die auswärtige Politik Sr. Majestät nicht mehr vertreten könne.
1) außer — gesetzt Bleistitänderung Bismarck's statt: aufgehoben