Erstes Kapitel.
Prinz Wilhelm.
ch habe mich unter dem alten Kaiser lange Zeit bemüht,
eine sachgemäße Vorbereitung des Enkels für seine hohe
Bestimmung zu erreichen. Vor allem hielt ich für geboten, den
Thronerben dem beschränkten Kreise des Potsdamer Regiments-
dienstes zu entziehen und mit andren als militärischen Strö-
mungen der Zeit in Berührung zu bringen. Daß ihm ein
Civilposten, zunächst etwa des Landraths, dann des Regirungs-
präsidenten unter Beirath eines geschulten Beamten übertragen
werde, das zu erreichen hatte ich keine Aussicht und beschränkte
mich auf das Bemühen, zunächst die militärische Uebersiedlung
des Prinzen nach Berlin durchzusetzen und ihn dort mit er-
weiterten Gesellschaftskreisen und mit den verschiednen Central-
behörden in Verbindung zu bringen. Die Hindernisse schienen
wesentlich in den Bedenken des Hausministeriums gegen den
durch Aufenthalt in Berlin verursachten Kostenaufwand, nament-
lich für Einrichtung des Schlosses Bellevue, zu liegen. Der
Wohnsitz blieb Potsdam, wo dem Prinzen von dem Oberpräsi-
denten von Achenbach Vorträge gehalten wurden. Auch er-
langte ich 1886 auf seinen Wunsch die Erlaubniß Sr. Mojestät,
ihm die Acten und Geschäfte des Auswärtigen Amtes zugäng-
lich zu machen, freilich unter scharsem Widerspruch des Kron-
prinzen, der mir darüber am 28. September aus Portofino
bei Genua schrieb:
„Mein Sohn Prinz Wilhelm hat, ehe ich darum wußie,
gegen Se. Majestät den Wunsch geäußert, während des bevor-
Otto Fürst von Bismarck, Gedanlen und Erinnerungen. I11 1