Full text: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Dritter Band. (3)

Vorbereitung für den Herrscherberuf. 3 
  
Ich bedauerte die daraus ersichtliche Stimmung zwischen 
Vater und Sohn und den Mangel an der Mittheiljamkeit 
zwischen Beiden, auf die ich gerechnet hatte, obschon der gleiche 
Mangel seit Jahren zwischen Sr. Majestät und dem Kronprinzen 
bestand; ich vermochte mich aber damals dem Urtheil des Letztern 
nicht anzuschließen, weil der Prinz bereits 27 Jahr alt war und 
da Friedrich der Große mit 28, Friedrich Wilhelm I. und III. 
in noch jüngerem Alter den Thron bestiegen. In meiner Er- 
widerung beschränkte ich mich darauf, zu sagen, daß der Kaiser 
befohlen und den Prinzen zum Auswärtigen Amte „comman= 
dirt“ habe, und hervorzuheben, daß in der königlichen Familie 
die väterliche Autorität in der des Monarchen unterginge. 
Gegen die Versetzung nach Berlin machte der Kaiser in 
erster Linie nicht den Kostenpunkt geltend, sondern den Um- 
stand, daß der Prinz für die nächste militärische Beförderung, 
welche den äußerlichen Anlaß zu der Uebersiedlung bilden sollte, 
noch zu jung wäre; es half mir auch nichts, den Kaiser an 
sein eignes viel schnelleres Aussteigen in der militärischen 
Hierarchie zu erinnern. Die Beziehungen des jungen Herrn 
zu unfren Centralbehörden blieben auf das mir untergebne 
Auswärtige Amt beschränkt, von dessen interessanteren Acten 
er mit Bereitwilligkeit, aber ohne Neigung zu ausdauernder 
Arbeit, Kenntniß nahm. Um ihn über den inneren Dienst ein- 
gehender zu unterrichten und um in den täglichen Verkehr des 
Prinzen ein cidvilistisches Element neben dem kameradschaftlichen 
einzuführen, bat ich den Kaiser, zu gestatten, daß ein höherer 
Beamter von wissenschaftlicher Bildung zu Sr. Königlichen 
Hoheit commandirt werde; ich schlug dazu den Unterstaats- 
secretär im Ministerium des Innern Herrfurth vor, der mir 
bei seiner Vertrautheit mit der Gesetzgebung und Statistik des 
ganzen Landes zu einem Mentor des Thronerben besonders 
geeignei schien. Auf meine Anregung lud mein Sohn im 
Januar 1888 den Prinzen und Herrfurth zu Tische, um die
	        
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