Berliner Stadimission. Brief des Prinzen 7
eingelassen habe, aus der er sich jetzt nicht herausfinden könne.
Personen aus der Umgebung des Prinzen, die Erörterungen
mit ihm gehabt, waren bestürzt über seine Heftigkeit und er-
zählten, daß mein Sohn bei ihm angeschwärzt worden sei; der
Kammerherr von Mirbach habe dem Prinzen und der Prin-
zessin versichert, mein Sohn habe im December die scharfen
Artikel in der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ geschrieben,
die erst für das Cartell und die liberale Presse das Signal zur
Stellungnahme gegen den Prinzen und seine Stöckerei gewesen
wären. In der That rührten jene Artikel von Rottenburg 2#)
her, mein Sohn hat sie nie gelesen, ich auch nicht.
Die Wirkung dieser Hetzerei bemerkte mein Sohn auf dem
nächsten und allen folgenden Hoffesten, wo die Prinzessin Wil-
helm, die bis dahin wohlwollend für ihn gewesen war, ihn so
anhaltend ignorirte, daß das erste Wiederbemerken am Vor-
abende der Abreise nach Petersburg Statt fand, als das
Staatsministerium insgesammt empfangen wurde.
Ich hatte keine Veranlassung gesunden, mich mit der Sache
zu befassen, bis der Prinz folgenden Brief an mich richtete.
„Potsdam, den 21. December 1887.
Ich habe zu meinem Bedauern erfahren, daß Ew. Durch-
laucht mit einem Werke, welches ich im Interesse der armen
Klassen unfres Volkes begonnen habe, nicht einverstanden sein
sollen. Ich fürchte, daß die hierüber von socialdemokratischen
Blättern ausgegangenen und leider in viele andre Zeitungen
übernommenen Nachrichten die Veranlassung gegeben haben,
meine Absichten zu entstellen. Bei dem intimen Verhälmiß,
welches Ew. Durchlaucht mit mir schon so lange verbindet,
hatte ich täglich gehofft, daß Ew. Durchlaucht direct bei mir
Erkundigungen einziehn würden. Dayer habe ich bis jetzt ge-
N) Dem Chef der Reichskanzlei.