Full text: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Dritter Band. (3)

Brief des Prinzen, einen Erlaß an die Reichsfürsten betreffend. 13 
  
fürsten. Der Standpunkt, von welchem aus ich geschrieben 
habe, ist kurz folgender: 
Das Kaiserthum ist noch neu, der Wechsel in demselben 
der erste, welcher sich ereignet. Bei diesem geht die Macht 
von einem mächtigen, in der Geschichte des Aufbaues und der 
Gründung des Reiches hervorragend betheiligten Fürsten an 
einen jungen ziemlich unbekannten Herrn. Die Fürsten sind 
fast alle der Generation meines Vaters angehörig, und ist es 
menschlich gedacht ihnen nicht übel zu nehmen, wenn ihnen es 
zum Theil sauer ankommt, unter den neuen so jungen Herrn 
zu treten. Daher muß die von Gottes Gnaden herstammende 
Erbfolge als ein selbständiges fait accompli den Fürsten gegen- 
über betont werden, und zwar so, daß sie keine Zeit haben, 
viel darüber zu grübeln. Daher ist mein Gedanke und der 
Wunsch dahin lautend, daß, nach Durchsicht seitens Ew. Durch- 
laucht und eventueller Amendirung, an jeder Gesandtschaft diese 
Proclamation versiegelt deponirt und im Falle meines Regirungs- 
antritts sogleich durch die Gesandten den betreffenden Fürsten 
übergeben werde. Mein Verhältniß zu allen Vettern im 
Reich ist ein recht gutes, ich habe mich mit fast jedem im 
Laufe der Zeit über die Zukunft beredet und durch meine Ver- 
wandtschaft mit dem größten Theil der Herren eine sehr an- 
genehme Basis des freundschaftlichen Verkehrs herauszubilden 
gesucht. Das werden Ew. Durchlaucht in dem Passus erkennen, 
wo von der Unterstützung durch Rath und That die Rede ist, 
d. h. die alten Onkels sollen dem lieben jungen Neffen nicht 
Knüppel zwischen die Beine stecken! Ich habe betreffs der Stel- 
lung eines zukünftigen Kaisers öfters mit meinem Herrn Vater 
Meinungsaustausch gehabt, wobei ich sehr bald sah, daß wir sehr 
verschiedener Ansicht seien. Ersterer war stets der Meinung, er 
habe allein zu commandiren und die Fürsten hätten zu pariren, 
während ich die Ansicht vertrat, man müsse die Fürsten nicht 
als einen Haufen Vasallen, sondern mehr als eine Art von
	        
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