Badische Politik. Marschall. Boetticher. 31
demokratie auf Schweizer Gebiete weniger unbequem als eine
Schädigung oder Klage der Angehörigen derjenigen zahlreichen
badischen Unterthanen, welche in der Schweiz ihren Erwerb
suchten. Daß die Reichsregirung in ihrem Verhalten gegen
das Nachbarland keinen andern Zweck verfolgte als die Unter-
stützung der conservativen Elemente in der Schweiz gegen den
Einfluß und den agitatorischen Druck der fremden und heimischen
Socialdemokratie, darüber konnte auch die badische Regirung
keinen Zweifel haben. Sie war davon unterrichtet, daß wir
mit den achtbarsten Schweizern in einem unausgesprochenen
aber gegenseitig befolgten Einverständnisse handelten, welches
dank der Unterstützung, die wir unsern Freunden gewährten,
praktisch zu dem Ergebnisse führte, daß die politische Central-
gewalt der Schweiz eine festere Stellung und schärfere Con-
trolle als früher über die deutschen Socialisten und die Cantönli-
Politik der Demokratie gewann.
Ob Herr von Marschall diese Sachlage durch seine Berichte
nach Karlsruhe klar zum Ausdruck gebracht hat, weiß ich nicht;
ich erinnere mich nicht, daß er in den sieben Jahren, während
deren er badischer Gesandter war, jemals eine Unterredung mit
mir gesucht oder gehabt hätte. Aber durch seine Intimität mit
meinem Collegen Boetticher und durch seine Beziehungen zu
Mitarbeitern des Auswärtigen Amts ist er jedenfalls für seine
Person vollständig unterrichtet gewesen. Man sagte mir, daß
er schon seit längerer Zeit die Sympathien des Großherzogs
zu gewinnen und Antipathie gegen die Personen, welche ihm
die Aussicht nach oben hinderten, zu erzeugen gesucht hat. Ich
erinnere mich in Bezug auf ihn eines Wortes des Grafen
Harry Arnim aus der Zeit, wo dieser mit mir noch offen
redete 3).
Auch der Grenzverkehr mit Frankreich ist von dem badischen
X) S. Bd. II 162. I— 11 189 der Volks-, II 186 der Neuen Ausgabe.]