Preßkämpfe, deren Auffassung und Folgen. 33
zu sein; die Anlässe, bei denen ich Neigung und Zeit fand,
auf die Herstellung von Preßerzeugnissen einzuwirken, waren
viel seltner, als in der Presse und daher im Publikum an-
genommen wurde. Ich that das nur solchen Fragen oder
persönlichen Angriffen gegenüber, welche für mich ein besonderes
Interesse hatten, und es vergingen, selbst wenn ich in Berlin
war, Wochen und Monate, ohne daß ich Zeit oder Neigung
gefunden hätte, die Artikel, für welche man mich verantwortlich
hielt, zu lesen, geschweige denn zu schreiben oder schreiben zu
lassen. Der Großherzog machte es aber wie alle Welt, be-
trachtete mich als verantwortlich für die Aeußerung der ge-
nannten Zeitung in der ihm ärgerlichen Sache.
Eigenthümlich war die Art, wie er gegen diese Preßleistung
reagirte. Der Kaiser war damals bedenklich erkrankt und die
Großherzogin gekommen, ihn zu pflegen. Unter diesen Um-
ständen hatte der Großherzog von dem fraglichen Artikel Anlaß
genommen, seinem Herrn Schwager, dem Kronprinzen, zu er-
kennen zu geben, er werde in Folge sothaner Kränkung Berlin
mit seiner Gemahlin sofort verlassen und das Motiv seiner
Abreise nicht verhehlen. Nun war zwar die Pflege, welche der
Kaiser von seiner Frau Tochter genoß, dem Patienten kein
Bedürfniß, sondern eine Kundgebung kindlicher Liebe, welche
er mit ritterlicher Höslichkeit über sich ergehen ließ. Aber
gerade diese seine Eigenschaft war in den Beziehungen zu
Frau und Tochter vorherrschend in ihm, und fede Verstimmung
innerhalb dieses engen Familienkreises wirkte betrübend und
niederschlagend auf ihn.
Ich war daher bemüht, dem kranken Herrn Erlebnisse der
Art nach Kräften zu ersparen, und that, ich weiß heute nicht
mehr was, aber jedenfalls alles was möglich war, um in einer
mehr als zweistündigen Verhandlung mit lebhafter und wirk-
samer Hülfe des Kronprinzen seinen Herrn Schwager zu be-
ruhigen. Wahrscheinlich bestand die Sühne außer meinem
Otto Fürst von Bismarck, Gedanten und Erinnerungen. III. «