42 Drittes Kapitel: Boetticher.
Vermittlung des Großherzogs von Baden gemacht worden ist,
habe ich nicht seststellen können; jedenfalls hat Se. Mazjestät
meinen Sohn Herbert über diese Thatsache befragt und ist von
diesem an den Professor Schweninger verwiesen worden, von
welchem der Kaiser erfuhr, daß die Andeutung aus der Luft
gegriffen sei. Leider hat die Lebhaftigkeit des Professors ver-
hindert, die Unterhaltung bis zur vollständigen Aufklärung des
Ursprungs der Verleumdung durchzuführen. Den Anlaß zu
dieser kaiserlichen Ermittlung kann nur Herr von Beetticher
aus Friedrichsruh gebracht haben, da andre persönliche Ver-
bindungen zu jener Zeit nicht Statt gefunden haben.
Schon bei jenem Besuche im Januar hatte er bei mir die
Concessionen befürwortet, welche nachher das Thema zu den
Variationen in den Kaiserlichen Erlassen vom 4. Februar bil-
deten.
Ich hatte denselben widersprochen, einmal weil ich nicht für
nützlich hielt, daß dem Arbeiter gesetzlich verboten werde, zu
bestimmten Zeiten und Gelegenheiten über seine und seiner
Familienglieder Arbeitskräfte zu verfügen, dann aber auch, weil
ich neue, die Zukunft der Arbeiter und der Arbeitgeber treffende
Belastungen der Industrie scheute, solange ihre praktischen Con-
sequenzen nicht mehr als bisher klargestellt wären. Außerdem
schien mir nach den Vorgängen der Bergwerkstreiks von 1889,
daß zunächst nicht der Weg der Concessionen, sondern der der
Vertheidigung gegen socialdemokratische Ueberwucherungen zu
betreten sei. Ich hatte vor und nach Weihnachten die Absicht,
mich an den Verhandlungen über das Socialistengesetz zu be-
theiligen und den Satz zu vertreten, daß die Socialdemokratic
in höherem Grade wie gegenwärtig das Ausland eine Kriegs-
gefahr für Monarchie und Staat involvire und als innere
Kriegs= und Macht-, nicht als Rechtsfrage von staatlicher Seite
angesehn werden müsse. Diese meine Auffassung war Herrn
von Boetticher bekannt und durch ihn ohne Zweifel auch dem