Full text: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Dritter Band. (3)

Rücktritt zunächst nur vom Handelsministerium. 61 
  
der Arbeiterfrage gegenüber dem Glauben des Kaisers, daß 
sein guter Wille genüge, die Begehrlichkeit der Arbeiter zu be- 
ruhigen, ihre Dankbarkeit und ihren Gehorsam zu erwerben, 
für einen ehrlichen und einsichtigen Diener des Landes und der 
Monarchie eine schwierige Aufgabe sein würde, war voraus- 
zusehen. Ich hielt es für recht und billig, daß Herr von Ber- 
lepsch, der als Regirungspräsident ohne Wissen des verant- 
wortlichen Handelsministers, im Gegensatz zu meinen Auffassungen, 
im Sinne höherer Anregung 1889 thätig gewesen war, auch 
die ministerielle Verantwortlichkeit für die Richtung übernähme, 
in welcher er durch seine Mitwirkung den Kaiser bestärkt hatte. 
Dadurch würde zugleich der Kaiser in die Lage gesetzt werden, 
selbst und unbeirrt durch mich die Probe auf die Ausführbarkeit 
seiner wohlwollenden Intentionen zu machen. 
Ich berief eine Ministersitzung, sprach in derselben meine 
Ansicht aus, sand einhellige Zustimmung, und auf einen sofort 
erstatteten Immediatbericht erfolgte am 31. Januar 1890 die 
Ernennung des Herrn von Berlepsch zum Handelsminister. Ich 
füge hinzu, daß ich bei diesem Experimente auf Grund der 
Selbständigkeit, die der Oberpräsident von Berlepsch als un- 
berufener Berather des Monarchen gezeigt hatte, seine Energie, 
sein Interesse zur Sache und seine Befähigung dafür höher 
eingeschätzt hatte, als sie sich mintsteriell bewährt haben. Der 
Kaiser zieht Leute zweiten Ranges als Minister vor, und die 
Lage ist insofern keine correcte, als die Minister nicht den 
Monarchen mit Rath und Anregung versehn, sondern beides 
von Sr. Mgajestät erwarten und empfangen.
	        
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