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Erbieten. Die A. ist bei strafbaren Handlungen
jeder Art (Verbrechen, Vergehen und Uber-
tretungen) möglich und liegt bei demjenigen
vor, welcher einen anderen zu der von diesem be-
gangenen strafbaren Handlung durch Geschenke
oder Versprechen, durch Drohung, durch Miß-
brauch des Ansehens oder der Gewalt, durch ab-
sichtliche Herbeiführung oder Beförderung eines
Irrtums oder durch andere Mittel vorsätzlich
bestimmt hat (St B. 8 48 Abs. 1). Die A.
erfordert als Vorsatz den Willen, einen andern
zur Begehung, d. h. zur wirklichen Ausfüh-
rung, nicht bloß zu einem Versuche, einer
strafbaren Handlung zu bestimmen (RöSt.
4, 252; 15, 315). A. zu einem Fahrlässigkeits-
vergehen ist nicht möglich (RöSt. 23, 175).
Die erfolgreiche Aufforderung strafunmündiger
Kinder zur Begehung einer objektiv straf-
baren Handlung ist nicht als A., sondern, da
die Kinder nur willensunfähige Wertkzeuge
sind, als Täterschaft zu bestrafen (Ro St. 25,
397). Der Versuch der A. ist nicht strafbar
(Rö t. 11, 56). Die Strafe des Anstifters
ist nach demjenigen Gesetze festzusetzen, das
auf die Handlung Anwendung findet, zu
welcher er wissentlich angestiftet hat (StGS.
§ 48 Abs. 2). Besondere Tatumstände (persön-
liche Eigenschaften oder Verhältnisse), nach
denen das Gesetz die Strafbarkeit einer Hand-
lung erhöht oder vermindert, sind dem An-
stifter zuzurechnen, wenn sie bei ihm vorliegen
(StcB. 8 50). Auch bei den zivilrechtlich un-
erlaubten Handlungen gibt es eine A., wobei
jedoch streitig ist, ob ihr Begriff sich mit dem
strafrechtlichen decht, namentlich ein vorsätz-
liches Zusammenwirtken erforderlich ist. An-
stifter einer zivilrechtlich unerlaubten Handlung
stehen Mittätern gleich (BöB. § 830 Abs. 2).
Für die polizeilich unerlaubten Handlungen
wird anzunehmen sein, daß derjenige, der zu
ihnen angestiftet hat, deswegen nicht polizellich
haftbar ist, insbesondere nicht neben dem Täter
von der Polizei angehalten werden kann, den
polizeiwidrigen Zustand zu beseitigen oder die
durch dessen Beseitigung entstandenen Kosten zu
tragen.
Anstreicher. Für Betriebe, in denen Maler-,
Anstreicher-, Tüncher-, Weißbinder= oder Lak-
Rkiererarbeiten ausgeführt werden, hat nach
R##Bek. vom 27. Juni 1905 (REGl. 555) der
Bundesrat auf Grund der Gew). 8§ 120e Vor-
schriften erlassen. S. dazu Erl. vom 15. Juli
1905 (HPMhl. 232). In Werkstätten der Maler
und Anstreicher ist nach Kinderschutz G. §§ 4, 12
(Röl. 1903, 113) die Beschäftigung von
Kindern verboten.
Antiquare s. Stehender Gewerbebe-
betrieb II.
Antisklavereikonferenz ist die Bezeichnung
für eine im Jahre 1890 in Brüssel zusammen-
getretene internationale Konferenz, welche dazu
bestimmt war, im Anschluß an frühere inter-
nationale Abmachungen einheitliche Maß-
nahmen gegen den afrikan. Suklavenhandel
festzustellen. Die Ergebnisse der betr. Verhand-
lungen sind in der von allen beteiligt gewesenen
Mächten ratifizierten „Generalakte der Brüsseler
A. nebst Deklaration“ vom 2. Juli 1890 nieder-
gelegt, welche im Rl. 1892, 605 ff. ver-
Anstreicher — Antrag bei strafbaren Handlungen.
öffentlicht worden ist. Zur Ausführung der
Art. 50—59 der Generalakte ist die V. vom
17. Febr. 1893 (RöBl. § 13) ergangen. Die
Generalakte selbst ist im Kap. VI (Beschränkung
des Spirituosenhandels) durch die Konvention
vom 8. Juni 1899 (Rl. 1900, 823) ergänzt
worden. S. auch G., betr. die Bestrafung des
Sklavenraubes und des Sklavenhandels, vom
28. Juli 1895 (REBl. 425) und das ältere
Pr G. vom 9. März 1857 (GPS. 160).
Antrag bei strafbaren Handlungen. I. Ab-
weichend von der Regel, wonach derzenige,
welcher eine die Merkmale einer strafbaren
Handlung erfüllende Handlung begeht, ohne
weiteres die dafür angedrohte Strafe ver-
wirkt hat, ist ausnahmsweise die Bestrafung
von der Stellung eines A. auf sie seitens des
durch die Tat Verletzten abhängig gemacht
(sog. Antragsdelikte). Der Gesetzgeber erachtet
hier einen ausreichenden Grund zur Bestrafung
nur dann für gegeben, wenn der MNächstbe-
teiligte die Strafverfolgung sei es für not-
wendig sei es für unbedenklich hält und dies
in der Form eines A. auf Bestrafung zum
Ausdrucke gebracht hat. Der Strafantrag ist
begrifflich verschieden von der eine Ausnahme
von dem Anklagemonopol (s. d.) bildenden
Privatklage. Antragsdelikte finden sich so-
wohl unter den Verbrechen (z. B. St GB. 179)
als unter den Ubertretungen (StB. 8§ 370
Nr. 5 u. 6), besonders häufig aber unter den
Vergehen (z. B. StEB. 88 223, 247).
II. Grundsätzlich sind antragsberechtigt
nur der Verletzte selbst, d. i. derjenige, welcher
unmittelbar durch die die Straftat bildende
Handlung betroffen und in seinen Rechten ge-
kränkt ist, — nicht auch derjenige, für welchen
sich nicht durch die Straftat an sich, sondern
erst in weiterer Folge aus ihr Nachteile er-
geben (R St. 1, 370) — sowie derjenige, welcher
kraft des Gesetzes für diesen oder neben ihm
das Antragsrecht ausübt. In einzelnen Fällen
ist die Person des zum A. Berechtigten be-
sonders bezeichnet (St GCB. 88 102, 103, 170,
182, 189, 195, 196, 288). Das Antragsrecht
erlischt, wenn der Berechtigte stirbt, ohne eine
Entschließung über den Strafantrag gefaßt
oder kundgegeben zu haben (Ret. 11, 53).
Der Verletzte, welcher das 18. Lebensjahr voll-
endet hat, ist selbständig zu dem A. auf Be-
strafung berechtigt. Solange er minderjährig
ist, hat, unabhängig von seiner eigenen Be-
fugnis, auch sein gesetzlicher Vertreter das
Recht, den A. zu stellen. Ist der Verletzte
geschäftsunfähig oder hat er das 18. Lebens-
jahr noch nicht vollendet, so ist sein gesetzlicher
Vertreter der zur Stellung des A. Berechtigte
(StE B. § 65). Wer der gesetzliche Vertreter
und wer geschäftsunfähig ist, bestimmt sich nach
dem BE#. JFür ein unter elterlicher Gewalt
des Vaters stehendes Kind kann zu dem
Zwecke ein Pfleger bestellt werden, damit
dieser wegen einer gegen das Kind begangenen
Straftat den Strafantrag stelle, den zu stellen
der Vater pflichtwidrig unterläßt (Rt. 35,
47). Ein von dem gesetzlichen Vertreter des
Verletzten zurüchgenommener Strafantrag kann
aber von einem hierzu bestellten Pfleger nicht
wirksam erneuert werden (Ret. 36, 64).